Ein Landwirt bringt mit seinem Traktor ein Pflanzenschutzmittel auf das Feld aus.

Zulassung für Glyphosat Uneinigkeit über den Unkrautvernichter

Stand: 17.07.2023 20:35 Uhr

Die EU-Lebensmittelbehörde sieht kein Problem bei einer Zulassung von Glyphosat. Die Ampelkoalition hatte sich aber geeinigt, das Pflanzenschutzmittel vom Markt zu nehmen. Grüne und FDP haben dazu unterschiedliche Meinungen.

Von Helena Daehler, ARD-Hauptstadtstudio

Glyphosat tötet alle Pflanzen, die damit in Berührung kommen. Nach der Behandlung durch das Pflanzenschutzmittel sind die Äcker frei von Unkraut. Getreide, Mais oder Raps können danach ungestört wieder wachsen. Für Landwirte bedeutet das maximalen Ertrag und Konkurrenzfähigkeit gegenüber Produzenten aus dem Ausland, die mit teilweise noch effektiveren Pestiziden arbeiten.

Die negativen Folgen durch den Einsatz des Pflanzenschutzmittels Glyphosat seien gravierend, sagt jedoch der grüne Agrarminister Cem Özdemir. Eine Sprecherin seines Ministeriums antwortete auf eine Anfrage, dass die Biodiversität durch den Einsatz von Glyphosat unzweifelhaft geschädigt wird.

Als "intellektuelle Faulheit" bezeichnet die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Carina Konrad das Koalitionsvorhaben, Glyphosat zu verbieten. Die Biodiversität werde auch durch das mechanische Pflügen der Äcker, eine Alternative zum Herbizid-Einsatz, in Mitleidenschaft gezogen. Anstelle von Verboten fordert die FDP-Fraktion Innovationen.

Konrad ist auch diplomierte Agraringenieurin. Durch ein Glyphosat-Verbot würden viele Landwirte vor wirtschaftlichen Problemen stehen, denn die mechanische Unkrautvernichtung schade nicht bloß ebenfalls der Biodiversität, sie koste auch mehr. "Landwirte stehen ein bisschen ratlos vor der Situation, was sie überhaupt noch tun sollen, um gesunde und ausreichende Lebensmittel zu produzieren." Außerdem würden durch den Einsatz von Maschinen wiederum mehr CO2-Emissionen entstehen.

Unklare Gesetzeslage

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sieht eine erneute Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat in der Europäischen Union unkritisch. Diese Einschätzung dient als Grundlage für eine etwaige fünfjährige Verlängerung der Glyphosat-Zulassung.

Ob Deutschland trotz einer EU-Erlaubnis ein Verbot aussprechen könnte, wird derzeit im Landwirtschafsministerium geprüft. Möglich sein könnte es über die Verordnung von Pflanzenschutzmitteln. Von der vorherigen Regierung wurde festgelegt: Ab dem 1. Januar 2024 ist die Anwendung von Glyphosat und Glyphosat-Trimesium verboten.

FDP: Kein Grund gegen Wiederzulassung

Die FDP-Fraktion teilt diesbezüglich mit: "Dass die CDU mit der ehemaligen Agrarministerin Julia Klöckner voreilig Verbote in bestimmten Gebieten verhängt hat, war ein Fehler." Nichts spreche gegen eine Wiederzulassung von Glyphosat. Man habe im Koalitionsvertrag auch klar vereinbart, dass die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgen müsse. Das schließe aus, Entscheidungen auf Basis von gefühlten Wahrheiten zu treffen.

Der Deutsche Bauernverband ist überzeugt, dass ein ordnungsgemäßer Einsatz des Pflanzenschutzmittels nicht mit Umweltinteressen kollidiert. Generalsekretär Bernhard Krüsken hält ein nationales Verbot zudem für unlogisch: "Dann muss man auch sicherstellen, dass Produkte, die unter dem Einsatz von Glyphosat erzeugt worden sind, hier auch keinen Marktzugang bekommen sollten."

BUND: Verzicht ist möglich

Die Umweltschutzorganisation BUND verweist bezüglich Glyphosat-Alternativen auf die vielen Bio-Landwirte, die bereits ohne Herbizide arbeiten. "Es gibt ackerbauliche Maßnahmen wie das Unterpflügen von Unkraut oder eine angemessene Fruchtfolge-Wahl. Es ist auf jeden Fall möglich, auf Glyphosat zu verzichten."

Kritisch schaut man beim BUND zudem auf Datenlücken im EFSA-Bericht. Dies betrifft unter anderem etwaige Risiken für die Ernährung der Verbraucher. Auch die Auswirkungen auf die Artenvielfalt hätten noch nicht abschließend bewertet werden können, erklärte die Behörde.

Grüne: Verbot soll umgesetzt werden

Für den Grünen-Abgeordneten Karl Bär ein weiterer Grund, das Pflanzenschutzmittel vom Markt zu nehmen: "Angenommen, Glyphosat ist nicht gesundheitsschädlich und wir verbieten es - dann kriegen wir eine ökologischere Landwirtschaft. Sollte es gesundheitsschädlich sein und wir lassen es zu, leben wir mit den Gesundheitsgefahren. Da nehme ich lieber die ökologischere Landwirtschaft."

Bär ist optimistisch, dass das Vorhaben rund um das Glyphosatverbot aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden kann. Darauf habe man sich schließlich geeinigt, das werde man jetzt auch durchziehen.