Mario Voigt, Serap Güler und Carsten Linnemann.
analyse

CDU-Grundsatzprogramm Von Mutmachern, Kontrolle und Freiheit

Stand: 11.12.2023 17:38 Uhr

Auf 70 Seiten haben CDU-Politiker ihr neues Grundsatzprogramm formuliert. Darin findet sich viel Bekanntes, aber mit dem Thema Lebensarbeitzeit auch Neues - und an einigen Stellen eine Prise Merz.

Eine Analyse von Sabine Henkel, ARD Berlin

Mario Voigt hat als Vorsitzender der CDU in Thüringen ein besonderes Interesse, die CDU mit einem neuen Grundsatzprogramm klar auszurichten. "Es ist ein Programm für Mutmacher in diesem Land", sagt er. "Und gegen die Miesmacher."

Die Miesmacher hat Voigt in der AfD ausgemacht, die in Umfragen in Thüringen weit vor der CDU liegt. Als Mutmacher sieht er sich selbst. Und die CDU natürlich. Mit Parteifreunden hat Voigt 70 Seiten für das neue Grundsatzprogramm zusammengeschrieben, selbstverständliche CDU-Positionen unterstrichen, aber auch Neues formuliert.

CDU stellt deutlich konservativeres Grundsatzprogramm vor

Gabi Dunkel, ARD Berlin, tagesthemen, 11.12.2023 22:15 Uhr

So wagt sich die CDU an das Thema Lebensarbeitszeit heran. Wenn Menschen immer älter werden, sollen sie auch später in Rente gehen. Nicht zwingend ein Mutmacher-Thema. Generalsekretär Carsten Linnemann hat sich für eine mögliche längere Lebensarbeitszeit eingesetzt - wissend, dass es sich um ein heikles Thema handelt. Aber auch um ein notwendiges, meint Linnemann. Die CDU will die Rente sicher machen. Dazu gehört auch eine kapitalgedeckte Altersvorsorge, ähnlich einer Riesterrente, aber verpflichtend.

Mehr Polizei und Asylverfahren in Drittstaaten

Linnemann, Voigt und all die anderen Kommissionsmitglieder haben sich entschieden, das Thema Sicherheit in den Mittelpunkt des Papiers zu stellen. Dazu soll vieles beitragen: mehr Polizei zum Beispiel, eine sichere Energieversorgung auch durch Atomkraftwerke oder auch eine konsequente Asylpolitik.

Die CDU setzt auf Asylverfahren in sicheren Drittstaaten. Mehr Kontrolle soll im weltoffenen Deutschland für Sicherheit sorgen, sagt Voigt. Er sieht Deutschland als weltoffenes und gastfreundliches Land. "Das heißt aber nicht, die Tür auszuhängen in unserer Wohnung, sondern selber zu bestimmen, wie viele in unsere Wohnung kommen."

Wer in dieser Wohnung angekommen ist, soll sich an Regeln halten. An die - Achtung: deutsche Leitkultur. Ein Begriff, der in den 2000er-Jahren schon einmal kontrovers diskutiert wurde. Ein gewisser Friedrich Merz hatte den Begriff Leitkultur eingebracht und damals für Aufregung in der CDU gesorgt. Die Liberalen in der Partei empörten sich, wollten nicht von Leitkultur sprechen, auch Angela Merkel nicht.

Mehr Merz, weniger Merkel?

23 Jahre und drei Parteivorsitzende später steht die Leitkultur im Grundsatzprogramm. Wird die Partei nun konservativer? Mehr Merz, weniger Merkel? Nicht unbedingt, auch wenn an einigen Stellen Merz im Programm steckt. Neben der Leitkultur erinnert eine angestrebte Reform der Einkommensteuer an den "jungen" Merz und seinen berühmten Bierdeckel, auf den eine Steuererklärung passen sollte. Neben den Merz-Akzenten finden sich aber auch die liberale und christlich-soziale Punkte im Programm wieder.

Es ist in erster Linie für die Partei geschrieben, es handelt sich nicht um ein Wahlprogramm. Daher bleibt einiges unkonkret und vage. Und noch ist nichts beschlossen, am Ende entscheidet der Parteitag im kommenden Jahr. Da könnte an der einen oder anderen Stelle noch einmal etwas verändert werden. Der Titel aber steht: "In Freiheit leben."

Die Autoren wollen nichts vorschreiben, sagen sie - was nicht so ganz stimmt. So wollen sie ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für junge Leute einführen und bloß nicht gendern. Das sollen doch bitte alle sein lassen. So viel Freiheit ist dann auch wieder nicht gewünscht.

Sabine Henkel, ARD Berlin, tagesschau, 11.12.2023 17:05 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 11. Dezember 2023 um 17:00 Uhr.