Eine Person dreht sich einen Joint.
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Teil-Legalisierung von Cannabis Raus aus der Realitätsverweigerung

Stand: 23.02.2024 16:06 Uhr

Das Gesetz zur Teil-Legalisierung von Cannabis mag nicht perfekt sein. Es erkennt aber die Realität einer bisher gescheiterten Drogenpolitik an. Prävention und Aufklärung helfen mehr als Kriminalisierung.

Ein Kommentar von Iris Sayram, ARD Berlin

Das Modell einer gescheiterten Drogenpolitik ist der Görlitzer Park in Berlin. Innensenatoren sämtlicher Couleur haben vergeblich versucht, den Verkauf von Drogen dort zu unterbinden. Die Forderung eines CDU-Lokalpolitikers vor einigen Jahren, die Mauern zu erhöhen und den Park nachts abzuschließen, verdeutlicht, wie hilflos die Politik hier ist.

Verbote blieben aber nicht nur in Berlin wirkungslos. Im Gegenteil, der Konsum steigt deutschlandweit sogar an. Dabei kann kaum bestritten werden, dass der Cannabis-Konsum sich mehr und mehr bereits faktisch legalisiert hat. Das Geständnis, mal einen "Joint" geraucht zu haben, ist längst kein Skandal mehr.

Bedenken sind nachvollziehbar

Mit dem Beschluss heute vollzieht sich daher nur, was man auch als "normative Kraft des Faktischen" bezeichnen könnte. Eine Teil-Legalisierung mit Beschränkungen beim Besitz und Anbau. Konkret sind es 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum und bis zu drei triebfähigen Pflanzen, jedoch unter besonderer Beachtung von Kinder- und Jugendschutz.

Die Bedenken der Länder sind nachvollziehbar. Es liegt in ihrer Kompetenz, die Regelungen des Gesetzes auch auf der Straße mit ihren Vollzugsbeamten zu kontrollieren. Auch ist durchaus nicht zu bestreiten, dass Cannabis nicht so harmlos ist, wie es manchmal in Film- und Popkultur dargestellt wird - auch für Erwachsene.

Was wäre die Alternative?

Doch diese Argumente können nicht ausschlaggebend dafür sein, die Legalisierungspläne aufzugeben. Denn was wäre die Alternative? Dass weiterhin unkontrolliert die Droge - so wie bei dieser Gelegenheit auch noch weitere viel härtere Drogen - in dunklen Ecken gekauft werden können?

Dealer verlangen selten einen Ausweis. Wie hoch der THC-Gehalt ist und wie sauber der Stoff ist - das bliebe dann auch weiter dem Zufallsprinzip überlassen.

Zudem adressiert das Gesetz durchaus die besondere Bedeutung von Prävention und Aufklärung. Das hat wahrscheinlich einen viel größeren Effekt, als die weitere Kriminalisierung von Konsumenten, die eigentlich nicht vor ein Gericht gehören. Das Gesetz von heute mag noch nicht perfekt sein, aber es kann ein erster Schritt raus aus der jahrelangen Realitätsverweigerung vieler Akteure in der Politik sein.

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