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Finanzierung Bundeswehr Auf der Suche nach den künftigen Milliarden

Stand: 16.02.2024 05:00 Uhr

Der Finanzbedarf der Bundeswehr wächst stetig. Wie soll er gedeckt werden? Die Vorschläge reichen von einem weiteren Sondervermögen über einen höheren Wehretat bis hin zum Lockern der Schuldenbremse.

Von Alexander Budweg, ARD Berlin

Noch ist das Sondervermögen Bundeswehr einige Milliarden Euro schwer. Das Zwei-Prozent-Ziel der NATO scheint also erst einmal eine Weile abgesichert. Dennoch stellt sich schon jetzt die Frage, wo das Geld für Personal, Unterhalt und Neuanschaffungen herkommen soll, wenn die 100 Milliarden aus dem Sondertopf komplett ausgegeben sind. Die Bundesregierung rechnet damit, dass dies 2028 der Fall sein wird.

Ein weiteres Sondervermögen wird es für die Bundeswehr wohl nicht geben. Weder in der Ampelkoalition gibt es dafür derzeit eine Mehrheit, noch wird dies von der oppositionellen Unionsfraktion unterstützt. Deren Stimmen wären aber für die erforderliche Grundgesetzänderung wieder nötig.

Der Bundeswehr würde das aber auch nur bedingt weiterhelfen. Zwar könnte sie damit weitere Neuanschaffungen tätigen, die sicher auch nach 2028 notwendig sein werden. Aber sie wird vor allem mehr Geld für den laufenden Betrieb benötigen, der nicht aus dem Sondervermögen finanziert werden darf. Schließlich werden aktuell neue Flugzeuge, Schiffe und Fahrzeuge beschafft. Diese wollen künftig auch bewegt und wieder instand gesetzt werden.

Zudem soll die Truppe bis 2031 von derzeit 183.000 Soldatinnen und Soldaten auf 203.000 Frauen und Männer aufgestockt werden. Es wird also auch deutlich mehr Geld für Personal benötigt. Zumal die Bundeswehr angesichts des Fachkräftemangels in direkter Konkurrenz zur freien Wirtschaft steht. So zeigen die sinkenden Bewerberzahlen schon jetzt, dass auch die Verdienstmöglichkeiten deutlich attraktiver werden müssen.

Milliardenloch im regulären Wehretat

Es wird also eher darauf hinauslaufen, dass der reguläre Wehretat deutlich aufgestockt werden muss. Eine Antwort auf die Frage, um welche Summe es sich dabei handeln wird, muss Finanzminister Christian Lindner schon in diesem Jahr liefern. Mit dem Haushaltsentwurf für 2025 muss er nämlich auch die mittelfristige Finanzplanung bis 2028 vorlegen, inklusive der prognostizierten Ausgaben für Verteidigung.

Und die Lücke, die es dann zu stopfen gilt, ist schon jetzt groß. Knapp 20 Milliarden Euro sind in diesem Jahr aus dem Sondervermögen nötig, damit Deutschland die von der NATO geforderten zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht. Mindestens den Betrag wird es auch künftig brauchen - wahrscheinlich eher mehr, sollte die deutsche Wirtschaft und damit auch das Bruttoinlandsprodukt wachsen.

Die Verteilungskämpfe beginnen aber schon viel früher. Zwar hat sich der Verteidigungsminister mit seiner ursprünglichen Forderung nach einem Plus von zehn Milliarden schon bei den letzten Haushaltsverhandlungen nicht durchsetzen können. Dennoch wirbt Boris Pistorius auch aktuell wieder für ein Anwachsen des regulären Wehretats. Wohl auch aus Sorge darüber, dass die Abbruchkante 2028 zu groß sein könnte, um sie von einem auf das andere Haushaltsjahr zu überwinden.

Angesichts der weiter angespannten Haushaltslage dürfte das jedoch schwierig werden. Das Finanzministerium rechnet für 2025 mit einem Fehlbetrag im unteren zweistelligen Milliardenbereich. Das bedeutet: In den Ministerien wird erneut Geld eingespart werden müssen. Die Haushaltsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP dürften dementsprechend hart werden - zumal teure Wunschprojekte wie etwa das Klimageld noch auf Eis liegen.

Grüne pochen auf mehr Geld für Entwicklungshilfe

Zudem dürften die Grünen auf die Einhaltung des Koalitionsvertrages pochen. Dort heißt es, dass mit jedem Euro mehr für die Bundeswehr gleichermaßen auch die Ausgaben für die Entwicklungshilfe angehoben werden müssen.

Dass diese Vereinbarung beim Sondervermögen Bundeswehr nicht berücksichtigt wurde, hatte damals bereits für Unmut gesorgt. Eine Wiederholung scheint daher unwahrscheinlich - insbesondere auch, weil das Ressort von Entwicklungsministerin Svenja Schulze schon in den vergangenen Haushaltsverhandlungen stark leiden musste.

Hinzu kommt neuerdings die Forderung aus Kreisen der SPD, nicht nur mehr Geld in die Bundeswehr, sondern auch in den ebenfalls über Jahrzehnte hinweg kaputt gesparten Zivilschutz zu investieren. Der gehört aber nicht zum Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums, sondern zum Innenministerium.

Diskussion um Schuldenbremse

Zwangsläufig wird also auch in den aktuellen Haushaltsverhandlungen wieder eine Debatte um die Schuldenbremse entstehen. Aus SPD-Kreisen kommt schon jetzt der Vorschlag, die Ausgaben im Wehretat von dieser auszunehmen. Ein Vorschlag, dem sich wohl auch die Grünen anschließen könnten, da auch sie für eine Reform der Schuldenbremse sind. Scheitern dürfte das Anliegen aber wohl erneut an den Liberalen.

Stattdessen spricht Finanzminister Lindner schon jetzt davon, die strukturellen Ausgaben nicht weiter zu erhöhen und dürfte damit wohl einmal mehr auf die Sozialausgaben des Staates wie etwa das Bürgergeld abzielen. Zudem will Lindner Mehreinnahmen durch das Ankurbeln der Wirtschaft generieren.

Allerdings musste die Bundesregierung ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum gerade erst von 1,3 Prozent deutlich nach unten auf 0,2 Prozent korrigieren. Pistorius' Wunsch nach mehr Geld für den regulären Wehretat wird sich daher wohl nicht so schnell erfüllen lassen.