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Juristische Mittel gegen AfD Welche Alternativen es zum Parteiverbot gibt

Stand: 20.01.2024 15:56 Uhr

Politik und Gesellschaft debattieren, wie juristisch gegen die AfD vorgegangen werden könnte. Ein Parteiverbot wäre die radikalste, aber nicht die einzige Möglichkeit. Das Bundesverfassungsgericht wäre fast immer beteiligt.

Parteiverbotsverfahren

Für das Verbot einer Partei gelten in Deutschland hohe Hürden. Im Grundgesetz ist in Artikel 21, Absatz 2 definiert:

Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

Eine politische Partei kann in der Bundesrepublik nur vom Bundesverfassungsgericht verboten werden. Den Antrag für ein solches Verbot können die Bundesregierung, der Bundestag oder der Bundesrat stellen. Bei Parteien, die nur in einem Bundesland organisiert sind, auch die jeweilige Landesregierung.

Der frühere Verfassungsrichter Peter Huber zählte im Dezember im MDR die Kriterien auf, um die es bei einem Parteiverbot geht. Das seien die Gefährdung von Menschenwürde, Demokratie und der grundsätzlichen rechtsstaatlichen Einhegung, "dass Mehrheitswillen sich nicht über Minderheitenschutz, Grundrechte, unabhängige Gerichte und anderes hinwegsetzen kann".

Das Verbreiten von verfassungswidrigen Haltungen allein reicht nach der bisherigen Karlsruher Rechtsprechung für ein Verbot nicht aus. Hinzukommen muss eine "aktiv kämpferische, aggressive Haltung" gegenüber der demokratischen Grundordnung. Huber wies auf eine weitere Voraussetzung hin: Die Partei müsse eine realistische Chance haben, die Gefährdung umzusetzen.

Der letzte Punkt wurde 2017 vom Bundesverfassungsgericht betont, als es entschied, die NPD nicht zu verbieten. Die Partei scheiterte regelmäßig an der Fünf-Prozent-Hürde. Die letzte politische Partei, die vom Bundesverfassungsgericht verboten wurde, war 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).

Verbot einzelner Landesverbände oder der AfD-Jugendorganisation

Es kann auch beantragt werden, einzelne Landesverbände einer Partei zu verbieten - beispielsweise Landesverbände, die der Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch einstuft. Diese Forderung stellte etwa der Bonner Staatsrechtler Klaus Ferdinand Gärditz in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" auf. Derzeit werden drei AfD-Landesverbände als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft: Dies sind die Verbände in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Auch ein Verbot der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative wird diskutiert. Da es sich um einen Verein handelt, wäre das leichter umzusetzen. Vereine können vom Bundesinnenministerium verboten werden, wenn sie den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte zum Beispiel im November 2023 ein Betätigungsverbot für Hamas und Samidoun in Deutschland erlassen.

Eine Grundrechtsverwirkung für einzelne Politiker

In einer Online-Petition des Kampagnennetzwerks Campact wird die Bundesregierung aufgefordert, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung für den AfD-Politiker Björn Höcke zu stellen. Fast 1,5 Millionen Menschen haben die Petition bisher unterschrieben.

Wie das Parteienverbot ist auch die Grundrechtsverwirkung eine Regelung der "wehrhaften Demokratie". Die Grundrechtsverwirkung steht im Grundgesetz, damit nie wieder Feinde der Demokratie ihre Freiheiten missbrauchen können, um die Demokratie abzuschaffen. Auch sie kann nur vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ausgesprochen werden. Es muss ein eigenes Verfahren durchführen, in dem der Betroffene angehört werden muss.

Dabei geht es nicht um alle Grundrechte. Im Grundgesetz ist geregelt, dass jemand beispielsweise seine Versammlungsfreiheit oder Meinungsäußerungsfreiheit verwirkt hat, wenn er sie zum Kampf gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung missbraucht. Das heißt nicht, dass derjenige keine Meinung mehr haben dürfte. Er könnte sich aber nicht mehr auf das Grundrecht berufen, wenn ihm etwa eine bestimmte öffentliche Äußerung verboten würde. Von demjenigen muss dafür eine ernsthafte Gefahr ausgehen.

Auch das Recht, gewählt zu werden oder ein öffentliches Amt zu bekleiden, könnte entzogen werden, auch nur für einen bestimmten Zeitraum. Die Verwirkung von Grundrechten kann befristet werden, mindestens muss sie aber ein Jahr dauern.

Bundesinnenministerin Faeser sieht allerdings wenig Chancen, Höcke die Grundrechte zu entziehen. "Das Bundesverfassungsgericht hat in der Geschichte der Bundesrepublik noch in keinem Fall entschieden, dass eine Person ihre Grundrechte verwirkt hat", sagte Faeser den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es gebe hier "hohe Hürden".

Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" für Konsequenzen für AfD-Mitglieder aus, die "erkennbare Verfassungsfeinde" seien. Dazu zählten etwa "die Unvereinbarkeit mit dem öffentlichen Dienst oder Beschränkungen bei der Parteienfinanzierung".

Man kann eine Partei von staatlichen Zuschüssen ausschließen, wenn diese die freiheitlich demokratische Grundordnung beeinträchtigen oder beschädigen oder den Bestand der Bundesrepublik gefährden. Auch darüber würde das Bundesverfassungsgericht auf Antrag von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung entscheiden. Ein solcher Ausschluss setzt - anders als ein Parteiverbot - nicht voraus, dass die Partei ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch potenziell erreichen kann.

Am kommenden Dienstag entscheidet das Bundesverfassungsgericht über einen Ausschluss von der Parteienfinanzierung - zur Partei Die Heimat, wie sich die NPD inzwischen nennt.

Lothar Lenz, ARD Berlin, tagesschau, 17.01.2024 12:24 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 20. Januar 2024 um 11:26 Uhr.