Vor einem Schild mit der Aufschrift Wasser läuft Wasser in ein Glas.

Trinkwassermangel Berlin auf der Suche nach neuen Quellen

Stand: 15.04.2024 16:43 Uhr

Wie sieht in Deutschland die Wasserversorgung der Zukunft aus, angesichts von Klimakrise und Industriewandel? Weil auch die Spree immer weniger Wasser führt, erforscht Berlin Methoden, den Durst der Stadt zu stillen.

Von Jacqueline Piwon, RBB

Berlins Trinkwasserversorgung hängt an der Spree. Das Wasser von Spree und Havel versickert zu Grundwasser, das rund 60 Prozent des Berliner Trinkwassers ausmacht. Doch der Pegelstand der Spree sinkt seit Jahren. Ein Grund ist die Trockenheit der vergangenen Jahre.

Ein anderer ist der Kohleausstieg: Grundwasser aus den Tagebaugebieten der Lausitz wird abgepumpt, damit die Tagebaulöcher nicht volllaufen. Nur so kann die Kohle abgebaut werden. Die abgepumpten Wassermassen werden zum Großteil in die Spree geleitet. So wurde und wird die Trinkwasserversorgung in der Hauptstadt gesichert.

Mit dem Rückgang der Kohleindustrie der vergangenen Jahre und dem bevorstehenden Kohleausstieg wird künftig dieses Wasser fehlen und die Spree wird zunehmend unter Wasserknappheit leiden. Noch mehr als schon jetzt. Denn immer öfter unterschreitet die Spree den kritischen Wert, der langfristig die Trinkwasserversorgung Berlins sicherstellt. 

Karte: Lausitzer Revier, Berlin, die Flüsse Spree und Dahme

Bisher wird Wasser aus dem Lausitzer Revier in die Spree geleitet.

Das Ende einer Ära

Mit dem Ende der Kohleförderung in der Lausitz wird auch die Trinkwasserproduktion eingestellt. Zwar wird es noch Jahrzehnte dauern, bis die letzten Pumpen im Süden Brandenburgs stillstehen werden, aber schon jetzt fordern Expertinnen und Experten die Politik auf zu handeln.

"Wir befinden uns an einem Wendepunkt, der eine Neuausrichtung der Trinkwasserversorgung erfordert. Es ist an der Zeit, innovative Lösungen zu entwickeln, um den Bedarf an Wasser in Berlin langfristig zu decken", sagt Ulf Miehe, Kompetenzzentrum Wasser Berlin.

Sinkende Pegelstände

Insbesondere in trockenen Sommermonaten besteht die Möglichkeit, dass Trinkwasser in Berlin und Brandenburg in Zukunft knapp werden könnte, sagen Experten. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Trinkwasser.

Die Berliner Wasserbetriebe müssen mehr Wasser für immer mehr Einwohner und neue Betriebe bereitstellen. Vier Millionen Menschen könnten schon bald in Berlin leben. Der Bedarf von derzeit etwa 540 Millionen Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr dürfte in die Höhe schnellen.

Die Politik muss jetzt schnell Lösungen für ein Problem finden, das lange nicht angegangen wurde, sagen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Irina Engelhardt von der TU Berlin fordert langfristige Lösungen und eine bessere Zusammenarbeit von Wissenschaft, Politik und Industrie: "Kurzfristige Annahmen reichen nicht aus, um die komplexen Herausforderungen im Bereich der Wasserressourcen zu bewältigen."

Neue Konzepte werden erforscht

Mit drei Millionen Euro Fördergeld erforscht das Projekt "SpreeWasser:N" unter Engelhardts Leitung neue Möglichkeiten für die Nutzung von Trinkwasser. Ein wichtiger Baustein sind moderne Wasseraufbereitungsanlagen. Solche Anlagen können verschiedene Schadstoffe und Verunreinigungen aus dem Wasser entfernen und es bis zu Trinkwasserqualität aufbereiten.

Sogenannte Umkehrosmoseanlagen können durch eine halbdurchlässige Membran Wasser von gelösten Stoffen trennen. Dies ermöglicht eine hochgradige Reinigung des Wassers, selbst von kleinsten Partikeln und Schadstoffen.

Die Technologie kann sowohl für die Aufbereitung von Grundwasser als auch für die Wiederverwendung von Abwasser eingesetzt werden. Die Ressource Wasser kann so besonders effizient genutzt werden.

Grundwasseranreicherung wie in London

Vielversprechender sei daher die Grundwasseranreicherung durch alternative Wasserquellen wie Regenwasser, sagt Projektleiterin Irina Engelhardt. "Das heißt, ich nehme Starkniederschlag ab, speichere das Regenwasser und bringe es in den Grundwasserleiter. Das macht die Stadt London, das macht der ganze Mittelmeerraum und auch in Frankreich ist das sehr stark verbreitet", so die Hydrogeologin.

Die Umstellung auf alternative Wasserquellen bringt Herausforderungen mit sich: Es braucht eine sorgfältige Planung und technologische Innovation und den politischen Willen, um die Qualität und Sicherheit des Trinkwassers auch in Zukunft zu gewährleisten.

Ulf Miehe vom Kompetenzzentrum Wasser Berlin hebt die Bedeutung von Forschung und Entwicklung hervor: "Wir müssen in neue Technologien investieren, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern."