Friedrich Merz

Empörung über Merz-Äußerungen "Erbärmlicher Populismus"

Stand: 28.09.2023 13:01 Uhr

"Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen" - mit dieser Äußerung über Migranten hat CDU-Chef Merz für Empörung gesorgt. Vertreter von SPD, Grünen und Linken warfen ihm Populismus vor. Unterstützung bekam Merz dagegen aus der Union.

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat die Bundesregierung in einem Talkformat des TV-Senders Welt zur Eindämmung der irregulären Migration aufgefordert - und mit seinen Äußerungen über abgelehnte Asylbewerber für heftige Kritik gesorgt.

"Die werden doch wahnsinnig, die Leute, wenn die sehen, dass 300.000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen", hatte Merz behauptet. "Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine."

Die Unionsfraktion verbreitete die Aussage ihres Chefs auch auf der Plattform X, vormals Twitter. "Wir müssen über die Pull-Faktoren sprechen, die hier in Deutschland wirken. Wir haben massive Faktoren, die dazu führen, dass über 30 Prozent der Asylbewerber aus ganz Europa nach Deutschland kommen", sagte er. Der Koalition warf er vor, nicht zu handeln. "Was Sie hier machen, ist eine Katastrophe für dieses Land."

Empörung über Äußerung von CDU-Chef Merz zu Geflüchteten

Nicole Kohnert, ARD Berlin, tagesschau, 28.09.2023 15:00 Uhr

"Merz verbreitet Falschinformationen"

Bundesinnenministerin Nancy Faeser widersprach Merz: "Das ist erbärmlicher Populismus auf dem Rücken der Schwächsten. Wer so spricht, spielt Menschen gegeneinander aus und stärkt nur die AfD", schrieb sie auf X. Zudem seien Merz' Behauptungen falsch: "Denn Asylsuchende werden nur behandelt, wenn sie akut erkrankt sind oder unter Schmerzen leiden."

Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang äußerte sich ähnlich wie Faeser. Merz "spielt ganz bewusst Gruppen gegeneinander aus, verbreitet dabei Falschinformationen. So wird kein einziges Problem gelöst, aber Hass geschürt", schrieb sie auf X. Das sei eines "Vorsitzenden einer Volkspartei unwürdig".

Auch der Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, schloss sich der Kritik an. Es sei unverantwortlich, Ängste zu schüren, "die in dieser Form überhaupt nicht da sein sollten", sagte er auf Phoenix.

Unterstützung aus der Union

Parteifreunde verteidigten den CDU-Chef dagegen. Merz spreche an, "was die Menschen auf der Straße sprechen", sagte Vize-CSU-Chef Manfred Weber im Deutschlandfunk. "Wenn ich im Wahlkampf in Bayern unterwegs bin, sind das die Themen, die die Leute interessieren und bewegen."

Der gesundheitspolitische Fraktionssprecher Tino Sorge sprach in der "Rheinischen Post" von "scheinheiliger Empörung aus Reihen der Ampel". Hunderttausende abgelehnte Asylbewerber seien zum Teil seit Jahren ausreisepflichtig. Dennoch könnten sie zum Nulltarif das deutsche Gesundheitssystem nutzen. "Dass Arzttermine auch wegen der Belastungen durch Migranten vielerorts knapper werden, ist eine Realität. Zahlreiche Kommunen bestätigen das seit Monaten. Das trifft auch auf Kita- und Schulplätze zu", sagte der CDU-Politiker.

Klare Gesetzeslage zu Leistungen bei Krankheit

Im Asylbewerberleistungsgesetz heißt es in Paragraf 4 zu Leistungen bei Krankheit: "Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren." Eingeschränkt wird: "Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist."

Anders sieht es jedoch nach den ersten 18 Monaten des Aufenthalts aus: Ab dann werden Asylbewerber von den gesetzlichen Krankenkassen betreut. Sie erhalten eine elektronische Gesundheitskarte und damit "nahezu dieselben Leistungen wie gesetzlich Krankenversicherte", heißt es dazu auf der Homepage des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Die Kassen bezahlen allerdings in der Regel keine Brücken oder Kronen komplett, sondern übernehmen 60 Prozent der Kosten für Zahnersatz. Der Rest muss zugezahlt werden oder wird von einer privaten Zusatzversicherung getragen.

Oliver Neuroth, ARD Berlin, tagesschau, 28.09.2023 08:00 Uhr