Vier junge Menschen bei der Bundesschülerkonferenz.

Bundesschülerkonferenz Schülervertreter fordern mehr politische Bildung

Stand: 23.10.2023 18:28 Uhr

Sie wollen endlich mehr Einfluss auf die eigene Bildung: Etwa 280 Schülerinnen und Schüler aus ganz Deutschland haben bei einem Kongress in Berlin Forderungen für eine bessere Bildungspolitik ausgearbeitet.

Von Lukas Haas, RBB

"Aktuell haben wir kein WLAN, keine Lehrkräfte, die damit umgehen können, aber in jedem Raum Overhead-Projektoren, die älter sind als ich", sagt Joel Albrecht. Er ist 19 Jahre alt und Teil des Bundessekretariats der Bundesschülerkonferenz. Er ist einer der Schülervertreter, die heute Forderungen von Schülerinnen und Schüler an die Politik gerichtet haben.

Die Forderungen sind das Ergebnis eines dreitägigen Bildungskongresses, der am Wochenende in Berlin stattfand. Etwa 280 Schülerinnen und Schüler aus ganz Deutschland diskutierten und arbeiteten Vorschläge aus, wie Schule für sie ein besserer Ort sein könnte. Ziel des Kongresses war es, die Schülerschaft in Deutschland endlich stärker an der Bildungspolitik zu beteiligen.

Konsequentes Vorgehen gegen Lehrkräftemangel

"Gute Bildung kann man nur gemeinsam mit der Schülerschaft machen", sagte die Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz, Wiebke Maibaum, bei der heutigen Pressekonferenz.

Wie die Lehrerverbände forderten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bildungskongresses ein konsequenteres Vorgehen gegen den Lehrkräftemangel. Qualitativ hochwertiger Unterricht brauche genügend Lehrkräfte. "Die Bundesländer sollten nicht in diesem ohnehin schon umkämpften Markt noch gegenseitig konkurrieren, sondern gemeinsam als eine Einheit an pragmatischen Lösungen arbeiten", sagte Maibaum.

Neben kurzfristigen Übergangsmaßnahmen solle der Beruf der Lehrkraft generell attraktiver gestaltet und von bürokratischen Aufgaben befreit werden. Das sei der effektivste und nachhaltigste Weg, um den Lehrkräftemangel anzugehen, so Maibaum.

Bürokratisches Versagen

Scharfe Kritik übten die Schülervertreterinnen und -vertreter an den Digitalisierungsbemühungen an deutschen Schulen. Obwohl sich alle Parteien für eine schnellere Digitalisierung aussprächen, könnten die Schüler keinen Fortschritt feststellen. Bislang seien nur 30 Prozent der Mittel aus dem ersten Digitalpakt abgerufen worden.

Das sei ein Zeichen für bürokratisches Versagen, so die Schülervertreter. Administrative Hürden müssten abgebaut werden, damit es schneller gehe. Außerdem brauche es mehr pädagogische Konzepte, um die Digitalisierung der Schulen zu begleiten.

Die Bundesschülerkonferenz mahnte zudem zu mehr politischer Bildungsarbeit an den Schulen. Hakenkreuze auf den Tischen, unangebrachte Witze und das Verwenden von rechtsextremen Symbolen seien bundesweit ein Problem, sagte Nedjmije Bajrami, Innenkoordinatorin der Bundesschülerkonferenz. "Die politische Aufklärungsarbeit ist momentan so notwendig wie lange nicht mehr. Steigender Rechtsextremismus ist an Schulen deutlich sichtbar", sagte die 19-Jährige. Dem zunehmenden Antisemitismus an Schulen müsse ebenfalls mit Aufklärungsarbeit begegnet werden.

Politikerinnen haben abgesagt

Auch mehr Chancengerechtigkeit und Inklusion im Bildungssystem und ein stärkerer Fokus auf die mentale Gesundheit der Lernenden, etwa indem man mehr Schulpsychologen einstellt, gehörten zu den Forderungen der Schülervertreterinnen und -vertreter.

Adressat ihrer Forderungen waren die Kultusministerkonferenz und das Bundesministerium für Bildung. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Katharina Günther-Wünsch, hatte am Samstag an einer Podiumsdiskussion des Bildungskongresses teilgenommen, war aber bei der heutigen Übergabe der Forderungen nicht anwesend. Auch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sagte ihre Teilnahme an der Pressekonferenz kurzfristig wegen eines verspäteten Fluges ab.

Die Schülervertreterinnen und -vertreter zeigten sich enttäuscht darüber, dass die Bildungspolitikerinnen nicht gekommen sind. "Wir erwarten, dass man sich inhaltlich mit uns auseinandersetzt", sagte Bajrami. Fast 300 Schülerinnen hätten die Forderungen gemeinsam ausgearbeitet. Das solle man sich zumindest anhören.