Hubertus Heil

Debatte über Leistungen Heil warnt davor, wegen Bürgergeld zu kündigen

Stand: 14.11.2023 07:26 Uhr

Nicht "bescheuert" sein: Arbeitsminister Heil hat davor gewarnt, für das Bürgergeld den eigenen Job aufzugeben - es drohten Sperren beim Leistungsbezug. Zuvor hatte die CDU gefordert, das Bürgergeld in jetziger Form abzuschaffen.

In der Debatte um das Anfang des Jahres eingeführte Bürgergeld hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil Arbeitnehmer davor gewarnt, ihren Job für den Bezug der Leistungen aufzugeben. "Jemand, der so bescheuert ist, wegen des Bürgergeldes zu kündigen, der bekommt erstmal kein Bürgergeld, der kriegt erst einmal eine Sperre beim Arbeitslosengeld", sagte der SPD-Politiker in der ARD-Sendung "hart aber fair".

Das Bürgergeld sei kein bedingungsloses Grundeinkommen. Man müsse bedürftig sein. Wer dann nicht mitwirke, dem könnten auch Leistungen bis 30 Prozent gekürzt werden, erläuterte der Minister. Das Bürgergeld soll im kommenden Jahr um mehr als zwölf Prozent steigen. Heil verwies auf den Mechanismus, dass die starke Erhöhung mit der hohen Inflation dieses Jahres zu tun habe.

SPD und FDP lehnen CDU-Vorschlag zum Bürgergeld ab

Daniel Pokraka/Ann-Brit Bakkenbüll, ARD Berlin, tagesschau, 14.11.2023 20:00 Uhr

Linnemann für "Systemwechsel" bei Bürgergeld

Angesichts der gestiegenen Kosten für Sozialleistungen kamen aus der CDU Forderungen, das Bürgergeld in der jetzigen Form abzuschaffen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann machte sich für ein anderes Modell stark. Der Sozialstaat müsse "für die wirklich Bedürftigen da sein, die nicht arbeiten können", sagte Linnenmann in der "Süddeutschen Zeitung". Deswegen brauche es einen "Systemwechsel" beim Bürgergeld mit "mehr Anreizen für die Jobaufnahme". Die Partei wolle die Forderung im neuen Grundsatzprogramm verankern, wie Linnemann betonte.

Im "Bild"-Interview forderte er: "Jeder, der arbeiten kann und Sozialleistungen bezieht, muss nach spätestens sechs Monaten einen Job annehmen, ansonsten gemeinnützig arbeiten." Wer nicht arbeiten wolle, müsse das nicht tun - "er kann dann aber auch nicht erwarten, dass die Allgemeinheit für seinen Lebensunterhalt aufkommt". Die Ampelkoalition habe "dieses Prinzip leider weitgehend abgeschafft". So seien zum Beispiel "die Kooperationsvereinbarungen zwischen Bürgergeld-Empfängern und dem Staat nicht verbindlich".

Der Fraktionschef der FDP, Christian Dürr, forderte Milliarden-Einsparungen beim Bürgergeld. Dies solle dadurch erreicht werden, dass nicht nur ukrainische Geflüchtete, sondern alle Asylbewerberinnen und -bewerber schneller in den Arbeitsmarkt integriert würden, sagte Dürr der "Bild"-Zeitung.

Milliarden-Mehrbedarf für Sozialleistungen

Am Sonntag war bekannt geworden, dass Arbeitsminister Heil für die Sozialleistung in diesem Jahr 3,25 Milliarden Euro mehr aufwenden muss als bisher geplant. Davon entfallen rund 2,1 Milliarden Euro zusätzlich auf die monatlichen Bürgergeldzahlungen und 1,15 Milliarden Euro Mehrkosten auf Miet- und Heizkosten, die größtenteils vom Bund übernommen werden. Bisher hatte die Bundesregierung für das Bürgergeld in diesem Jahr 23,76 Milliarden Euro eingeplant, etwa fünf Prozent des gesamten Bundeshaushalts. Als Grund für die höheren Kosten werden vor allem Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energiekosten genannt.

Das Bürgergeld ersetzt seit Jahresbeginn die bisherige Grundsicherung für Arbeitssuchende im Arbeitslosengeld II und dem Sozialgeld (früher "Hartz IV"). Derzeit beziehen etwa 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld, darunter etwa 1,7 Millionen Arbeitslose.

"Aufnahme regulärer Jobs attraktiver machen"

Die Forderung nach einer Jobpflicht für Bürgergeldbezieher hält der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, für "in der Theorie richtig". "Allerdings wird es bei der Umsetzung zahlreiche Probleme geben, unter anderem eine Verdrängung regulärer Jobs durch gemeinnützige Arbeit", sagte er der "Bild".

Hüther schlägt stattdessen vor, die Aufnahme regulärer Vollzeitjobs über höhere Freibeträge attraktiver zu machen: Aktuell liege die Stundenlohn-Differenz beim Umstieg von einem geringfügigen Job auf einen Vollzeitjob bei knapp zwei Euro: "Das ist natürlich viel zu wenig. Außerdem muss die Vertrauenszeit von sechs Monaten wieder gekippt werden. Druck zur Jobaufnahme und Sanktionen sind nötig."

Gabor Halasz, ARD Berlin, tagesschau, 14.11.2023 07:41 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 14. November 2023 um 06:22 Uhr.