
Ergebnis der Bundestagswahl Das krachende Ende der GroKo
Stand: 25.09.2017 06:19 Uhr
Union und SPD wurden bei der Wahl abgestraft - laut vorläufigem Ergebnis verloren sie zusammen 14 Prozent im Vergleich zu 2013. Mit der AfD zieht erstmals eine rechtspopulistische Partei in den Bundestag ein - in Sachsen wurde sie sogar stärkste Kraft.
Der steile Aufschwung der Rechtspopulisten bei der Bundestagswahl beschert der deutschen Politik eine historische Zeitenwende. Bundeskanzlerin Angela Merkel kann zwar voraussichtlich vier weitere Jahre regieren - aber nur mit dem größten Verlust in der Geschichte ihrer Union und möglicherweise dem Wagnis einer Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen. Der bisherige Koalitionspartner SPD stürzt auf ein Rekordtief und strebt in die Opposition.
AfD in Sachsen stärkste Kraft
Und die AfD triumphiert - erstmals seit 1961 sitzt nun eine rechtspopulistische Partei im Parlament. Als Profiteur der Schlappe der Großen Koalition wird sie drittstärkste Kraft. In Sachsen wurde sie sogar stärkste Partei. Hier kam sie landesweit auf 27 Prozent und landete somit knapp vor der CDU mit 26,9 Prozent.
Auch in anderen ostdeutschen Bundesländern schnitt die AfD überdurchschnittlich ab. In Thüringen kam sie auf 22,7 Prozent, in Sachsen-Anhalt auf 19,6 Prozent und in Mecklenburg-Vorpommern auf 18,6 Prozent. In Brandenburg holte die Partei dem vorläufigen Ergebnis zufolge 20,2 Prozent der Stimmen.
709 Abgeordnete im Bundestag
Die CSU will weiteren AfD-Erfolgen nun mit einem konsequenteren Rechts-Kurs begegnen. Der FDP gelingt nach vier Jahren die Rückkehr in den Bundestag. Mit den ebenfalls vertretenen Grünen und Linken ergibt sich erstmals seit den 1950er-Jahren wieder ein Sechs-Fraktionen-Parlament.
Für die Zahl der Sitze im Parlament bedeutet dieses Ergebnis, dass die Union künftig 246 Abgeordnete entsendet (2013: 311). Die SPD erhält 153 Sitze (2013: 193), die AfD als drittstärkste Kraft 94 Sitze. Die FDP ist mit 80 Parlamentariern vertreten, die Linkspartei mit 69. Und die Grünen stellen 67 Abgeordnete. Insgesamt hat der Bundestag somit 709 Abgeordnete - so viele wie nie zuvor.
Jörg Schönenborn, ARD Wahlstudio, mit einer Analyse der Bundestagswahl
tagesschau 01:14, 25.09.2017
Schwierige Verhandlungen
Die nun anstehende Regierungsbildung dürfte nicht einfach werden. Liberale und Grüne zeigten sich prinzipiell gesprächsbereit über die Chancen eines im Bund noch nie erprobten schwarz-gelb-grünen Dreierbündnisses, sahen dafür aber große Hürden. FDP-Chef Christian Lindner will eine Jamaika-Koalition von Inhalten abhängig machen. "Wir sind nicht zum Regieren verdammt, aber wir sind natürlich bereit, politische Verantwortung zu übernehmen", sagte er in der "Berliner Runde".
Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt rechnete mit schwierigen Gesprächen: "Wir werden kein einfacher Partner sein." Auch angesichts dieser Schwierigkeiten appellierte die Union an die SPD, sich Gesprächen nicht zu verweigern.
SPD will in die Opposition
Eine rechnerisch mögliche Fortsetzung der Großen Koalition schloss die SPD aus. "Es ist völlig klar, dass der Wählerauftrag an uns der der Opposition ist", sagte Merkels Herausforderer, SPD-Chef Martin Schulz. Er will Parteivorsitzender bleiben und strebt nicht den Fraktionsvorsitz an.
Die Amtsinhaberin sagte, sie habe sich ein besseres Ergebnis erhofft, aber die Union habe ihre strategischen Ziele erreicht: Sie sei stärkste Kraft und habe den Auftrag zur Regierungsbildung. Spekulationen über eine mögliche Minderheitsregierung wies sie zurück. "Ich sehe das nicht. Ich habe die Absicht, dass wir zu einer stabilen Regierung in Deutschland kommen", sagte Merkel in der "Berliner Runde" von ARD und ZDF. Die Bildung eines Dreier-Bündnisses mit FDP und Grünen dürfte wegen deren teils gegensätzlichen Zielen aber nicht einfach werden.
Der Einigungsdruck ist groß, denn von einer Neuwahl könnte die AfD noch stärker profitieren. Dass es vor der Wahl in Niedersachsen am 15. Oktober konkret wird, gilt als unwahrscheinlich.
Höhere Wahlbeteiligung
Laut vorläufigem amtlichen Ergebnis fällt die Union auf ihr schwächstes Ergebnis seit 1949: 33 Prozent (2013: 41,5). Die einstige Volkspartei SPD stürzt nach zwei bereits schwachen Wahlen auf ein Rekordtief von 20,5 Prozent (25,7). Die AfD, 2013 noch knapp an der Sperrklausel gescheitert, legt mit 12,6 Prozent auf knapp das Dreifache zu (4,7). Die seit 2013 nicht mehr im Parlament vertretene FDP überspringt mit 10,7 Prozent locker die Fünf-Prozent-Hürde (4,8). Die Linken verbuchen mit 9,2 Prozent (8,6) ein leichtes Plus. Das Gleiche gilt für die Grünen mit 8,9 Prozent (8,4).
Insgesamt rund 61,5 Millionen Deutsche waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Wahlbeteiligung liegt diesmal bei 76,2 Prozent. Vor vier Jahren hatten 71,5 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.
Tina Hassel, ARD Wahlstudio, mit Einschätzungen zum Ergebnis
tagesschau 20:00 Uhr, 24.09.2017