Ein Absperrband der Polizei hängt vor einer zerbrochenen Fensterscheibe einer geplanten Flüchtlingsunterkunft.

Bilanz für 2022 Mehr Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte

Stand: 02.03.2023 10:57 Uhr

Das Bundesinnenministerium hat 2022 deutlich mehr Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte gezählt als in den Jahren zuvor. Meist waren die Taten rechts motiviert. Die Linksfraktion im Bundestag zeigt sich alarmiert.

Im vergangenen Jahr hat die Zahl von Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte deutlich zugenommen. 2022 gab es 121 Überfälle, Anschläge, Sachbeschädigungen und tätliche Angriffe. Das ist ein Plus von 73 Prozent im Vergleich zu 2021, als es 70 derartige Straftaten gegeben habe.

Das geht aus vorläufigen Zahlen hervor, die das Bundesinnenministerium in einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion veröffentlichte und die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Trotz der deutlichen Zunahme lag die Zahl der Anschläge und Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte noch deutlich unter dem Höhepunkt zur Zeit der Flüchtlingskrise 2015. Damals wurden 1047 Übergriffe gegen Asylbewerberunterkünfte verzeichnet.

Zudem verzeichneten die Behörden im vergangenen Jahr 1248 Angriffe gegen Asylbewerber oder Flüchtlinge außerhalb von Unterkünften. Das waren in etwa so viele wie im Vorjahr mit 1259 Fällen. Jeden Tag werden somit in Deutschland drei Asylbewerber Opfer von Angriffen. Die Taten seien meist rechts motiviert gewesen.

Die Linke zeigt sich alarmiert

Es war das erste Mal seit 2015, dass die Zahl der Angriffe wieder zugenommen hat. Als Grund dafür gelten dem Bericht zufolge das Auslaufen der Corona-Auflagen sowie die gestiegene Zahl von Geflüchteten.

Im vergangenen Jahr kamen insgesamt deutlich mehr Menschen nach Deutschland, vor allem infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. 2022 seien knapp 218.000 Asylsuchende nach Deutschland gekommen - so viele wie zuletzt 2016. Hinzu kamen knapp eine Million Ukrainer.

Die fluchtpolitische Expertin der Linksfraktion, Clara Bünger, zeigte sich angesichts der aktuellen Zahlen alarmiert. "Geflüchtete, die hier Sicherheit und Schutz suchen, werden in Angst und Schrecken versetzt", sagte sie der Zeitung. Sie erinnerte an die gewaltsamen Ausschreitungen gegen ein Flüchtlingswohnheim und gegen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber 1992 in Rostock-Lichtenhagen, die für viel Entsetzen gesorgt hatte, und sagte: "Wollen wir darauf warten, bis sich Rostock-Lichtenhagen wiederholt?"

Philipp Eckstein, Philipp Eckstein, ARD Berlin, 02.03.2023 07:22 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten am 02. März 2023 die tagesschau um 07:00 Uhr sowie um 08:00 Uhr und Inforadio um 08:23 Uhr.