Demonstration gegen das Treffen Trumps und Putins in Helsinki im Juli 2018

Donald Trump Eine Marionette Putins?

Stand: 06.02.2019 19:37 Uhr

Der Umgang mit der NATO, die Kündigung des INF-Vertrages - viele Entscheidungen von US-Präsident Trump kommen Russland entgegen. Zufrieden kann Putin dennoch nicht sein.

Von Silvia Stöber, tagesschau.de

Ein US-Präsident als Marionette Wladimir Putins? Donald Trumps Gegner behaupten dies. Sie befürchten, der russische Präsident benutze Trump, um die USA und den Westen zu destabilisieren.

Vieles scheint solche Befürchtungen zu bestätigen: Die Untersuchungen von Sonderermittler Robert Mueller fördern immer neue Hinweise zutage, dass Trumps Wahlkampfteam 2016 Kontakte zu Personen pflegte, die mit der russischen Führung in Verbindung standen. Und es ist nach wie vor offen, ob Putin etwas gegen Trump in der Hand hat, das sich aus den Geschäftsaktivitäten der Trump-Unternehmensgruppe in Russland ergab.

Fragen wirft zudem Trumps Verhalten bei Begegnungen mit Putin auf. So trafen sich beide beim G20-Gipfel im November in Buenos Aires zu einem Gespräch, ohne dass von US-Seite ein Übersetzer oder Mitarbeiter des Präsidenten zugegen waren.

Teilnehmer des G20-Gipfels

Beim G20-Gipfel in Buenos Aires kam Trump mit Putin ohne Übersetzer und Mitarbeiter zusammen.

Laut "Washington Post" ging Trump selbst ungewöhnlich weit, um Details seiner Unterredung mit Putin während des G20-Gipfes 2017 in Hamburg vor seinen Mitarbeitern geheim zu halten. So habe er seinem Übersetzer dessen Notizen abgenommen. Bei einer Pressekonferenz in Helsinki im Juli 2018 stellte Trump im Beisein Putins die US-Behörden bloß. Er warf ihnen desaströse Ermittlungen vor und sprach von einer "Hexenjagd" des FBI gegen ihn und seine Mitstreiter.

Vertrauen zu Verbündeten untergraben

Doch wie sehr entspricht Trumps Handeln russischen Interessen? Zupasskommen dürfte Moskau Trumps Umgang mit den Verbündeten der USA, insbesondere mit der NATO, die die russische Führung als Gefahr für die nationale Sicherheit ansieht. Indem Trump das Verteidigungsbündis als "überholt" bezeichnete, stieß er die Alliierten vor den Kopf. Während die Vorgängerregierungen nur leise auf das Missverhältnis zwischen den USA und den anderen NATO-Staaten bei der Finanzierung des Bündnisses hinwiesen, kritisiert Trump das scharf - und vor allem Staaten wie Deutschland.

Emmanuel Macron mit Angela Merkel, Donald Trump und Wladimir Putin

Den Verbündeten macht Trump es schwer.

Zum weiteren Vertrauensverlust trug bei, dass die US-Führung die Aussetzung des INF-Vertrages ohne Koordinierung mit den europäischen Verbündeten vorantrieb. Dabei ist es die Sicherheitsarchitektur Europas, die geschwächt wird.

Dass Putin den INF-Vertrag als nachteilig für Russland ansieht, sprach er schon 2007 mehrfach an, so bei der Sicherheitskonferenz in München: Während nur die USA und Russland den Vertrag über Kurz- und Mittelstreckenraketen einhalten müssten, verfügten andere Staaten wie Pakistan, Indien und Iran ebenfalls über solche Raketen. "Es ist offensichtlich, dass wir unter diesen Bedingungen über die Gewährleistung unserer eigenen Sicherheit nachdenken müssen", sagte er damals in München.

Trump überlässt Russland das Feld

Für Freude im Kreml dürfte auch Trumps Ankündigung im Dezember gesorgt haben, er werde die US-Truppen aus Syrien abziehen. Damit überlässt er Russland und dem Verbündeten Iran dort das Feld.

Dabei hatte Trump selbst noch wenige Monate zuvor einer Strategie für den Verbleib der US-Truppen in Syrien zugestimmt. Neben dem Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" wurde als Argument die Abschreckung des Iran genannt, wie die "Washington Post" berichtete. Noch widersprüchlicher erscheint seine Entscheidung dadurch, dass Trump seinen Geheimdiensten vorwirft, sie seien "extrem passiv und naiv", wenn es um die Gefahren aus dem Iran gehe.

Dies zeigt, dass er wie sein Sicherheitsberater John Bolton ein Hardliner gegenüber dem Iran ist. Bolton setzte sich massiv für Sanktionen und den Austritt aus dem Atomabkommen mit dem Iran ein. Dass Trump letzteres schließlich anordnete, kritisierte die russische Führung als "rücksichtslosen Alleingang". Sie hatte den Vertrag mit ausgehandelt und wollte ihn aufrecht erhalten.

Was Russland allerdings in die Hände spielt: Trump bewies einmal mehr, dass mit ihm kein Verlass mehr auf die USA ist. Außerdem kann der Iran wegen der neuen US-Sanktionen weniger Öl exportieren. Russlands Ölkonzerne können einspringen.

Gegner in Venezuela

In Venezuela kollidieren die macht- und wirtschaftspolitischen Interessen der USA und Russlands deutlicher. Trump erkannte früh den selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó an und hält sich alle Optionen inklusive einer Militäroperation offen. Russland unterstützt seit Jahren den amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro, dies unter anderem mit Krediten für den Kauf russischer Waffen und für die Ölproduktion.

Sanktionen gegen Putins Mitstreiter

Geht es schließlich um das direkte amerikanisch-russische Verhältnis, so kann Putin keineswegs zufrieden sein mit der US-Politik. Unter Druck aus dem Kongress verhängte das US-Finanzministerium weitere Sanktionen gegen inzwischen mehr als 270 russische Politiker, Geschäftsleute und Unternehmen sowie Geheimagenten. Anlässe gab es viele - darunter die Einmischung in den US-Wahlkampf, den Skripal-Fall in Großbritannien und den Konflikt in der Ukraine.

Im Fall der für Russland wichtigen Gaspipeline "Nordstream 2" zieht Trump amerikanische Interessen vor und und fordert die Beteiligten auf, das Projekt einzustellen. Das verärgert Putin, allerdings ein weiteres Mal auch deutsche Politiker und Wirtschaftsvertreter.

Schwieriger Umgang mit Trump

Insofern ist das Bild von Trump als willenloser Marionette Putins nicht haltbar. Zwar kommt es Putin entgegen, dass Trump den amerikanischen Staat schwächt und die Beziehungen zu den US-Verbündeten aufs Spiel setzt. Das tut Trump allerdings auch im Interesse seiner Anhänger.

Gerade in der Russland-Politik ist Trump zudem nicht frei, sondern Druck aus dem Kongress ausgesetzt. Er muss alles vermeiden, was nach geheimer Absprache mit Putin aussieht - um seiner Legitimität als Präsident willen. Dies erklärt auch seine harschen Angriffe auf die US-Ermittlungsbehörden.

US-Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin bei der Pressekonferenz in Helsinki

Wenn Trump eine russische Einmischung im Wahlkampf dementiert, dann um seine Legitimität zu retten.

Trumps spontane Tweets und sein erratisches Handeln lassen Russland vertrauenswürdiger und damit stärker erscheinen. Aber dies erschwert es auch Putin, Strategien umzusetzen, das Feindbild USA aufrecht zu erhalten und selbst überraschend zu handeln.

Dies wäre mit einer vorhersehbar handelnden US-Präsidentin Hillary Clinton einfacher gewesen - erst recht, wenn sie nur mit einem schwachen Ergebnis ins Amt gewählt worden wäre. Bleibt die Frage, ob dies das Ziel der mutmaßlichen russischen Wahlbeeinflussung war, oder ob sich Putin mit Trump verkalkuliert hat.