Verteidigungsministerin von der Leyen

Kurz vor Putin-Besuch Fake über von der Leyen erreicht Russland

Stand: 16.08.2018 15:40 Uhr

Die NATO dürfe einen Erstschlag gegen Russland nicht ausschließen: Dieses erfundene Zitat von Verteidigungsministerin von der Leyen ist in Russland aufgetaucht. Ein Fake, der aus Deutschland stammt.

Von Patrick Gensing, ARD-faktenfinder

Kurz vor dem Besuch von Präsident Wladimir Putin am Samstag in Deutschland ist in Russland ein gefälschtes Zitat der Bundesverteidigungsministerin aufgetaucht. Ursula von der Leyen soll gesagt haben, die NATO dürfe einen atomaren Erstschlag gegen Russland nicht ausschließen. Das schreibt die Tageszeitung "Nesawissimaja Gaseta" und bezieht sich dabei auf die deutsche Seite "Berliner Express".

Umstrittenes Projekt

Bei dem "Berliner Express" handelt es sich um ein Projekt, das sich als satirisch bezeichnet. Experten sehen die Seite allerdings an der Grenze zur Stimmungsmache. Die Journalistin Ingrid Brodnig, die sich mit Falschnachrichten im Netz beschäftigt, sagte gegenüber T-Online, die Seite biete überwiegend "plumpe Meinungsmache".

Auch das Impressum wirkt zweifelhaft: Als Herausgeber fungiert eine Firma auf den Seychellen, die zudem rechtspopulistische Web-Seiten verantwortet. Die Redaktion des "Express" sitzt demnach auf den Philippinen.

Autorin Brodning kritisiert, die Inhalte der vermeintlichen Satire-Seite würden nicht geteilt, weil Menschen sie lustig fänden, sondern weil sie sie für wahr hielten. So kursiert beispielsweise in rechtsradikalen Kreisen noch immer eine Falschmeldung der Seite, wonach die Grünen im Ramadan ein Alkoholverbot in Deutschland einführen wollten.

Erfundene Aussagen wurden als wahr verbreitet

Auch die falschen Zitate von der Leyens zu einem angeblichen Erstschlag wurden tausendfach geteilt, unter anderem von AfD-Politikern. Zudem verbreiteten verschiedene Blogs die erfundenen Aussagen als wahr. Kommentatoren sahen sich in ihrer Einschätzung bestätigt, die NATO bereite einen Krieg gegen Russland vor.

Zwei Monate nach Erscheinen thematisiert nun also eine russische Tageszeitung die gefälschten Zitate. In dem Artikel wird die Frage diskutiert, ob die Aussagen möglicherweise gezielt in Umlauf gebracht worden seien, um die bevorstehenden Gespräche zwischen Deutschland und Russland zu erschweren. Tatsächlich sind die falschen Zitate aber bereits im Juni erschienen, nicht kurz vor dem Putin-Besuch.

"Pakt gegen die USA?"

Die Reise des Präsidenten ist in russischen Staatsmedien ein großes Thema, die Erwartungen sind offenbar hoch. Die deutsche Ausgabe von "Sputnik" fragt beispielsweise bereits, ob Merkel und Putin einen Pakt gegen die USA schmieden wollten. Es zeige sich, "dass Russland Merkel helfen kann, ihre ins Wanken geratenen Positionen im eigenen Lande zu stärken".

Erfundenes Interview sorgte für Aufsehen

Verteidigungsministerin von der Leyen war erst im Juli Ziel von Fake News geworden: Eine große Zeitung in Katar hatte Aussagen der CDU-Politikerin erfunden. Das Blatt behauptete, von der Leyen habe Katar ihre Solidarität gegen den Boykott durch Saudi-Arabien und weiteren Staaten versichert.

Dies sorgte in der Region für Aufsehen. Die deutsche Botschaft in Riad dementierte schließlich, dass von der Leyen sich gegenüber der Zeitung geäußert habe.