Eine Ampulle mit einem möglichen Corona-Impfstoff wird in einem britischen Labor geschlossen.
FAQ

Corona-Forschung Chancen und Gefahren der Gen-Impfstoffe

Stand: 07.12.2020 16:00 Uhr

Die Forschung dazu läuft schon lange: Durch die Corona-Pandemie wird wieder über genbasierte Impfstoffe diskutiert. Welche Chancen bieten sie - und welche Risiken gibt es?

Wie funktioniert eine Virusinfektion?

Viren dringen in Organismen ein und sind nur in deren Körperzellen vermehrungsfähig. Sie infizieren bestimmte Zellen und lösen dadurch oft, jedoch nicht immer, Krankheitssymptome aus. Das Virus selbst und die befallenen Zellen können vom Immunsystem des Wirtsorganismus als solche erkannt und durch die Immunabwehr beseitigt werden. Dies gelingt bei den meisten Virusinfektionen, jedoch nicht bei allen - zum Beispiel nicht bei HI-Viren.

Wie funktioniert eine herkömmliche Impfung?

Bei einer herkömmlichen Schutzimpfung werden einem Organismus abgeschwächte, nur noch begrenzt vermehrungsfähige Erreger (Lebendimpfung) oder inaktivierte Erreger oder Bestandteile davon zugeführt. Das Immunsystem reagiert auf diese Fremdkörper und bildet schützende Antikörper und speichert die Immunantwort in seinen "Gedächtniszellen". Dadurch kann das Immunsystem bei einem erneuten Kontakt mit dem Erreger schneller und effektiver reagieren, so dass die Viruskrankheit oder zumindest schwere Verläufe verhindert werden - der Körper wird immun. Wie lange und in welchem Grad diese Immunität anhält, ist von vielen Faktoren abhängig.

Was sind DNA- und RNA-Impfstoffe?

DNA- und RNA-Impfstoffe enthalten genetische Informationen des Erregers. Diese genetische Information wird nach Aufnahme in Körperzellen von diesen in Protein übersetzt. Diese ungefährlichen Teile des Virus werden also in Körperzellen gebildet. Dadurch müssen keine Viren oder deren Bestandteile in den Körper eingebracht werden. Wie bei einer echten Virusinfektion wird eine Abwehrreaktion des Immunsystems ausgelöst. Wie nach einer herkömmlichen Impfung kann das Immunsystem dann schneller auf die echten Viren reagieren.

Was ist der Unterschied zwischen DNA- und RNA-Impfstoffen?

RNA-Impfstoffe bestehen meist aus sogenannter Messenger-RNA (mRNA, auch als Boten-RNA bezeichnet). In ihr ist eine Art Bauanleitung für Antigene enthalten - das sind Virusproteine, die eine schützende Immunreaktion provozieren. Gelangt dieser Bauplan in eine menschliche Zelle, produziert diese die Proteine, was die gewünschte Abwehrreaktion des Körpers auslöst.

DNA-Impfstoffe funktionieren ähnlich. Bei mRNA- und bei DNA-Impfstoffen findet die Produktion des Antigens außerhalb des Zellkerns statt. Bei DNA-Impfstoffen muss das DNA-Molekül aber zunächst in den Zellkern gelangen und wird dort in Form von mRNA abgelesen. Die mRNA wandert aus dem Zellkern heraus und wird dann in Antigen übersetzt.

Modell eines menschlichen DNA-Stranges mit der doppelten Helix-Struktur
DNA und RNA

Desoxyribonucleinsäure (engl.: Desoxyribonucleic acid, DNA) ist ein Molekül, dass aus zwei Miteinander komplementären Strängen besteht. Die Struktur ähnelt einer in sich gedrehten Strickleiter. Die in den Chromosomen enthaltene DNA ist der Träger der Erbinformation.

Die RNA (Ribonucleinsäure) besteht nur aus einem Einzelstrang. RNA hat in einem Organismus unterschiedliche Funktionen - die wichtigste ist die Umsetzung von genetischer Information in Proteine. Dabei dient sie sowohl als Informationsträger (messenger-RNA) als auch Hilfs- und Transportmolekül.

Welche Vorteile haben DNA- und RNA-Impfstoffe?

Mit der DNA- und RNA-Methode ist es einfacher, Impfstoffkandidaten schnell zu konstruieren. RNA- und DNA- Impfstoffe können in kürzeren Zeiträumen in großer Menge hergestellt werden. Zudem ist die Herstellung unter geringeren Sicherheitsbedingungen erlaubt. DNA-Impfstoffe können auch nadellos appliziert werden, zum Beispiel mit Impfpistolen.

Da keine Erreger oder deren Bestandteile für die Produktion gebraucht werden, sondern die Stoffe direkt im Labor synthetisiert werden, ist die Gefahr einer Kontamination deutlich geringer.

Welche Risiken und Nachteile gibt es?

Bei DNA-Impfstoffen besteht theoretisch die Möglichkeit, dass die in die Zelle verbrachte DNA in das eigentliche Erbgut der Wirtszelle eingebracht wird. Als mögliche Folgen werden eine verstärkte Tumorbildung oder Autoimmunkrankheiten befürchtet. Umfangreiche Studien im Tierversuch haben keinen Hinweis darauf gegeben.

Im Gegensatz zu DNA-Impfstoffen werden RNA-Impfstoffe nicht in den Zellkern transportiert. Daher besteht auch nicht die theoretische Gefahr, dass diese in das Erbgut von Körperzellen integriert wird. Theoretisch wäre es möglich, dass andere bereits im Körper vorhandene Viren die Impf-RNA in DNA "umschreiben", so dass diese sich doch in das Erbgut einer Zelle integrieren und dort Folgeschäden auslösen könnte. Eine solche Umschreibung wird jedoch nicht beobachtet.

Alle diese theoretisch möglichen, aber praktisch nicht beobachteten Effekte beziehen sich auf einige wenige Zellen im Körper, nicht auf das Erbgut des Geimpften. Zudem vermehrt sich die Anzahl der DNA- bzw. RNA-enthaltenden Körperzellen nicht. Die Behauptung, dass DNA- oder RNA-Impfungen das Erbgut eines Menschen, also seine Keimbahn verändern, ist daher falsch.

DNA-Impfstoffe sind relativ instabil und müssen stabilisiert werden. Zudem benötigen sie Hilfsstoffe, zum Beispiel Nanopartikel, um in einige wenige Körperzellen zu gelangen und dort ihre Wirkung zu entfalten. Die Datenlage zu möglichen Nebenwirkungen ist derzeit begrenzt, vor einer potenziellen Zulassung werden sie aber im Rahmen groß angelegter klinischer Prüfungen intensiv untersucht.

Welche Erfahrungen hat man mit DNA- und RNA-Impfstoffen gemacht?

Bislang ist kein DNA- oder RNA-Impfstoff für Menschen zugelassen. Mehrere DNA- und RNA-Impfstoffe befinden sich in der klinischen Prüfung, das heißt, sie werden an Freiwilligen getestet. Für Tier-Impfstoffe auf genetischer Basis gibt es bereits mehrere Zulassungen.

Wer kann DNA- und RNA-Impfstoffe zulassen?

Eine Zulassung in der EU und im Europäischen Wirtschaftsraum ist über das zentralisierte Verfahren möglich, das durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA (European Medicines Agency) koordiniert wird. Dabei übernehmen zwei Mitgliedstaaten die federführende Bewertung. In Deutschland ist hierfür das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das deutsche Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, zuständig.

Welche anderen Impfmethoden werden aktuell noch untersucht?

Bei proteinbasierten Impfstoffen werden Eiweiße des Erregers als Antigen eingebracht, gegen die das Immunsystem des Geimpften dann eine schützende Immunreaktion bildet. Bei Vektor-Impfstoffen wird ein harmloses Virus genutzt, um mRNA und Antigen in Körperzellen einzubringen beziehungsweise zu bilden.

Mit Informationen des Paul-Ehrlich-Instituts, Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel.