FaceApp

App mit Gesichtsfilter Wer steckt hinter FaceApp?

Stand: 18.07.2019 18:05 Uhr

Erst der Hype, nun die Warnung vor Datenschutz-Mängeln - FaceApp mit den Bildern gealterter Promis macht weltweit Schlagzeilen. Doch wer steckt dahinter und wie sicher ist die App?

Gealterte Gesichter, eine neue Frisur oder ein anderes Geschlecht - FaceApp manipuliert zur Freude vieler Nutzer weltweit mühelos Fotos. Die Begeisterung über die Fähigkeiten künstlicher Intelligenz, Gesichter lebensecht zu verändern, ist groß.

Doch kaum strebt der Hype in den sozialen Netzwerken auf einen Höhepunkt zu, werden mahnende Stimmen laut: Wichtige persönliche Daten könnten in falsche Hände geraten, warnte der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber im SWR.

Besorgniserregend seien die schwammigen Nutzungsbedingungen und dass wenig bekannt darüber sei, wer hinter der App steckt und welche Daten bei der Nutzung erhoben werden. Er rief die zuständigen Datenschutzbehörden zu Nachforschungen auf. Wenn die Fragen zur Datennutzung nicht entsprechend des europäischen Datenschutzrechts beantwortet würden, sei FaceApp "nicht legal".

Der demokratische US-Senator Chuck Schumer fordert eine Überprüfung der App auf Datenschutz- und Sicherheitsrisiken durch das FBI und die Verbraucherschutzbehörde FTC. Er befürchte, dass ausländische Regierungen an die Daten gelangen könnten. Das Nationalkomitee der Partei der Demokraten (DNC) empfahl seinen Wahlkämpfern, die App sofort zu löschen.

FaceApp

Datenschützer warnen vor der Nutzung von FaceApp.

Fotos werden auf Server geladen

Die App, die jetzt solche Sorgen auslöst, gibt es seit zwei Jahren. Sie ist gratis, einige attraktive Zusatzfunktionen kosten Geld. Wer ein Bild von sich verändern lassen will, gibt zunächst seine Zustimmung, dass die App das Smartphone nach Porträtfotos durchsuchen darf.

Das ausgewählte Bild wird nicht auf dem eigenen Mobilgerät bearbeitet, sondern auf einen Server von FaceApp hochgeladen. Dort werden die verschiedenen Filter auf die Fotos gelegt. Das löst bei Experten Kritik aus, ebenso die Erlaubnis zur Nutzung der Fotos, des Namens und Nutzernamens für jegliche Verwendungen.

Firma beschwichtigt

Dies wird umso kritischer gesehen, als die Firma hinter FaceApp, Wireless Lab, in Russland registriert ist und dem russischen Programmierer Jaroslaw Gontscharow gehört.

Wireless Lab antwortete mit einem Statement auf diverse Anfragen: Nur vom Nutzer ausgesuchte Fotos würden auf die Server hochgeladen. Die meisten Bilder würden nach 48 Stunden wieder gelöscht. Auch könnten die User fordern, dass alle Nutzerdaten gelöscht werden. Nur werde das Team derzeit mit Anfragen überhäuft. Er versicherte, dass keine Nutzerdaten mit Dritten geteilt würden. Auch wenn das Kern-Team in Russland arbeite, würden keine Daten dorthin transferiert, sondern auf Amazon-Server in den USA und von Google in Irland und Singapur.

Sitz im Innovationszentrum "Skolkowo" bei Moskau

Doch wer ist Gontscharow? Aus seinem Lebenslauf geht hervor, dass er vor allem ein begeisterter Programmierer ist. Früh entwickelte er Computerspiele und noch während seines Studiums an der Mathematik- und Mechanik-Fakultät der staatlichen Universität in St. Petersburg gründete mit Kollegen die Firma SPB Software. Auch arbeitete er in den USA für Microsoft und entwickelte für ein Pokerprogramm künstliche neuronale Netze, deren Entwicklung im Rahmen künstlicher Intelligenz ihn am meisten beschäftigt.

Nach dem Verkauf von SPB Software and das russische Unternehmen Yandex gründete Gontscharow seine Firma Wireless Lab, die hauptsächlich Apps für mobile Geräte entwickelt. FaceApp ist der bislang größte Erfolg und bündele derzeit alle Kapazitäten der Firma, wie Gontscharow einer russischen Internetplattform erzählte.

Anfangs noch in St. Petersburg, hat Wireless App seinen Sitz inzwischen im Innovationszentrum "Skolkowo" bei Moskau, das 2009 vom damaligen Präsidenten Dmitri Medwedjew initiiert wurde. FaceApp Inc. ist der Website "Global Post" zufolge in North Carolina registriert.

Strenge Internetüberwachung in Russland

Auch wenn vieles dafür spricht, dass Gontscharow vor allem an der Entwicklung von neuronalen Netzwerken interessiert ist und ansonsten tragbare Geschäftsmodelle entwickeln will, spielt die Frage des Arbeitsstandorts eine wichtige Rolle. Denn in Russland gelten strenge Gesetze für Internet-Firmen.

Sofern sie dort operieren, müssen sie dem Inlandsgeheimdienst FSB die Möglichkeit geben, auf die Kommunikation mit und zwischen den Nutzern zuzugreifen. Zudem sind sie verpflichtet, Daten and das Überwachungsprogramm SORM des FSB zu liefern. SORM fängt Telefon- und Internet-Daten ab und speichert sie.

Kundendaten müssen auf russischen Servern liegen. Das Karrierenetzwerk Linkedin ist in Russland gesperrt, weil seine Kundendaten außerhalb Russlands gespeichert werden.

Der weltweit beliebte Messenger Telegram des russischen Entwicklers Pawel Durow sollte vom Netz genommen werden, weil er sich weigerte, dem FSB den Zugang den verschlüsselten Kommunikationsverbindungen zu geben.

Telegram

Telegram sollte dem FSB Zugang zur verschlüsselten Kommunikation geben.

Kampf mit der Behörde

Doch gelang es der Telekommunikationsbehörde Roskomnadsor nicht, Telegram vom Netz zu nehmen. Viele Nutzer umgingen die Sperren. Telegram leitete seine Kommunikation auf ausländische Server um.

Dieser Kampf im Netz ging bislang zugunsten von Telegram aus. Durow galt vielen deshalb als Held. Weil er das russische Pendant zu Facebook, das Netzwerk VKontakte, gründete, wird er hin und wieder auch als "russischer Mark Zuckerberg" bezeichnet.

Eine Verbindung zwischen den Vorwürfen gegen FaceApp und dem Datenschutz in den USA stellte die US-Technologie-Anwältin und Rechtswissenschaftlerin Tiffany C. Li her: Weil man keine Kontrolle über die Nutzung der Gesichtsdaten bei FaceApp gebe, soll man es nicht benutzen. Aber letztlich dürfe man auch nicht mehr auf die Straße gehen, denn das Datenschutz-Modell funktioniere nicht. Das schrieb sie mit Bezug auf einen Artikel in der New York Times, in dem es um die Datennutzung von Sicherheitskameras für die Entwicklung von Gesichtserkennungssoftware geht.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. Juli 2019 um 17:16 Uhr.