Ein Mann neben zerstörten Gebäuden in Marrakesch

Erdbeben in Marokko Zahl der Todesopfer steigt auf mehr als 800

Stand: 09.09.2023 13:09 Uhr

In Marokko steigt die Zahl der Toten nach dem schweren Erdbeben weiter an: Das Innenministerium meldete 820 Tote und Hunderte Verletzte. Das Beben hatte eine Stärke von 6,8 und war in Marrakesch, Agadir und anderen Städten zu spüren.

Die Zahl der Todesopfer nach dem schweren Erdbeben in Marokko ist erneut deutlich gestiegen. Das Innenministerium meldete am Vormittag 820 bestätigte Tote und 672 Verletzte. 205 davon seien schwer verletzt worden, hieß es. Bislang war von mehr als 600 Toten die Rede.

Das Beben ereignete sich in der Nacht zum Samstag. Wie der geologische Dienst der Vereinigten Staaten (USGS) mitteilte, lag das Epizentrum des Bebens der Stärke 6,8 etwa 72 Kilometer südwestlich von Marrakesch im dünn besiedelten Atlas-Gebirge in einer Tiefe von 18,5 Kilometern.

Mindestens 820 Tote bei schwerem Erdbeben in Marokko

Sebastian Kisters, ARD Madrid, tagesschau, 09.09.2023 12:00 Uhr

Viele Opfer aus Marrakesch gemeldet

Laut dem Innenministerium wurden die meisten Opfer aus der Stadt Marrakesch gemeldet sowie aus den fünf Provinzen rund um das Epizentrum des Bebens. Zu deutschen Todesopfern liegen bisher keine Angaben vor. "Wir stehen zu dem Erdbeben und der Lage in Marokko in engem Austausch mit den örtlichen Behörden", erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP. Das Team der deutschen Botschaft in Rabat habe eine Notrufnummer eingerichtet.

Einsatzkräfte durchkämmten noch in der Nacht die Trümmer eingestürzter Häuser auf der Suche nach möglichen Überlebenden. Die Opferzahl dürfte noch weiter steigen, wenn Helfer abgelegenere Gegenden erreichen, hieß es. Örtliche Medien berichteten, dass Zufahrtsstraßen in betroffene Bergdörfer durch herabgestürzte Felsen versperrt und vielerorts Staus das Durchkommen für die Einsatzkräfte erschwerten.

Etliche Gebäude eingestürzt

Laut Augenzeugenberichten löste das Erdbeben in Marrakesch, Agadir und anderen Städten bei vielen Bewohnern Panik aus. Wie die Zeitung "Le Matin" berichtete, war das Beben auch in Rabat und Casablanca zu spüren.

Einwohner der Stadt Marrakesch berichten von eingestürzten Gebäuden in der historischen Altstadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. In der bei Touristen beliebten Altstadt von Marrakesch lagen Gebäudetrümmer auf den Straßen, zahlreiche Autos wurden beschädigt. An der Moschee auf dem zentralen Marktplatz Jemaa el-Fna stürzte ein Teil des Minaretts ein und verletzte zwei Menschen.

Karte von Marokko mit Marrakesch, Rabat und dem Zentrum des Erdbebens

In Marrakesch sollen Teile der massiven Wände der berühmten roten Mauer um die Altstadt eingestürzt sein. Viele Menschen in der am stärksten betroffenen Region sollen in der Nacht draußen geschlafen haben - aus Angst vor Nachbeben. Auch in den Städten Ouarzazate und Agadir wurden große Schäden verzeichnet.

Ein Bewohner des Bergdorfs Asni unweit des Epizentrums beichtete: "Unsere Nachbarn liegen unter den Trümmern ihrer Häuser und wir versuchen, sie mit den verfügbaren Mitteln zu retten. Die meisten Häuser dort seien beschädigt.     

Es ist laut Medienangaben das erste Mal seit einem Jahrhundert, dass ein derart starkes Erdbeben in Marokko registriert wurde. Der Seismologe Frederik Tilman vom Helmholtz Zentrum in Potsdam sprach auf tagesschau 24  vom "stärksten instrumentell gemessenen Erdbeben in Marokko".  

Erdbeben in Nordafrika sind relativ selten. 1960 hatte sich laut dem Sender Al Arabiya in der Nähe von Agadir ein Beben der Stärke 5,8 ereignet, bei dem Tausende Menschen ums Leben kamen.

"Es war das stärkste instrumentell gemessene Erdbeben in Marokko", Frederik Tilmann, Helmholtz-Zentrum Potsdam, zum Erdbeben in Marokko

, tagesschau24, 09.09.2023 13:00 Uhr

Beben auch in Spanien und Portugal spürbar

Auch im Süden Spaniens und Portugals war das Beben zu spüren. Bei der Notrufzentrale im spanischen Andalusien gingen kurz nach Mitternacht mehr als 20 Anrufe besorgter Bürger aus den Regionen um Huelva, Sevilla, Jaén, Málaga, Marbella und Córdoba ein, wie die Organisation auf X (ehemals Twitter) schrieb. Über Schäden oder gar Opfer sei jedoch nichts bekannt geworden.

Auch die Behörden im südportugiesischen Faro, im Raum Lissabon und Setúbal hätten ähnlich berichtet, schrieb die staatliche portugiesischen Nachrichtenagentur Lusa.

Bundeskanzler Scholz drückt Mitgefühl aus

Zahlreiche Staats- und Regierungschefs sowie Organisationen sprachen den Opfern und Angehörigen ihr Beileid aus und sicherten dem Land ihre Unterstützung zu. "Das sind schlimme Nachrichten aus #Marokko", schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Kurznachrichtendienst X. "In diesen schweren Stunden sind unsere Gedanken bei den Opfern des verheerenden Erdbebens. Unser Mitgefühl gilt allen Betroffenen dieser Naturkatastrophe."

Auch Innenministerin Nancy Faeser zeigte sich erschüttert über das verheerende Erdbeben und bot dem dem Land Hilfe aus Deutschland an: "Das Technische Hilfswerk bereitet sich bereits auf einen Einsatz vor. Sobald wir mehr Informationen haben, welche Hilfe konkret benötigt wird, können wir unsere Spezialisten nach Marokko entsenden", sagte sie der Nachrichtenagentur dpa.

Viele Hilfsangebote

Spaniens Außenminister José Manuel Albares bot an, Rettungskräfte nach Marokko zu entsenden. Der britische Außenminister James Cleverly erklärte, sein Land stehe bereit, "unseren marokkansichen Freunden auf jede mögliche Weise zu helfen". Hilfsangebote kamen zudem unter anderem auch aus Frankreich, und Israel. Man stehe bereit, jede Unterstützung zu leisten, wenn das gewünscht sei, erklärte der für Nothilfe zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic in Brüssel. Das europäische Koordinationszentrum für Katastrophenschutz beobachte die Lage aufmerksam.

Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan betonte ebenfalls auf X die Solidarität mit den "marokkanischen Brüdern und Schwestern". Er drückte sein Bedauern angesichts der vielen Toten aus und wünschte den Verletzten schnelle Genesung. Die Türkei war erst Anfang Februar von schweren Erdbeben im Süden des Landes getroffen worden - mehr als 50.000 Menschen kamen dabei ums Leben.

Mit Informationen von Susanne Tappe, ARD-Studio Nordwestafrika

Dunja Sadaqi, ARD Rabat, tagesschau, 09.09.2023 13:54 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 09. September 2023 um 09:50 Uhr.