
Vier Vorlagen Impfpflicht-Anträge scheitern im Bundestag
Die Einführung einer Corona-Impfpflicht ist vorerst gescheitert. Weder der Gesetzentwurf von Ampel-Abgeordneten für eine Impfpflicht ab 60 noch der Entwurf der Union erhielt eine Mehrheit. Auch die Vorlagen gegen eine Impfpflicht scheiterten.
In Deutschland wird es vorerst keine allgemeine Corona-Impfpflicht geben. Der entsprechende Gesetzentwurf für alle Menschen ab 60 Jahren wurde im Bundestag mehrheitlich abgelehnt. 378 Abgeordnete stimmten gegen den Entwurf, dafür votierten 296 Abgeordnete und neun enthielten sich.
Damit wird es zum jetzigen Zeitpunkt keine über die seit März geltende Corona-Impfpflicht für das Personal in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen hinausgehende Verpflichtung für andere Bevölkerungsgruppen in Deutschland geben.
Entwürfe von Union, FDP und AfD scheitern ebenfalls
In einer weiteren Abstimmung wurde auch der Antrag von CDU und CSU im Bundestag abgelehnt. Eine Mehrheit von 497 Abgeordneten stimmte gegen das sogenannte Impfvorsorgegesetz, 172 votierten dafür. Der Vorschlag der Union sah vor, nicht jetzt, sondern je nach Infektionslage im Herbst über eine Impfpflicht zu entscheiden.
Der Antrag einer Abgeordnetengruppe um FDP-Vize Wolfgang Kubicki gegen eine Impfpflicht fand ebenfalls keine Mehrheit. Dafür stimmten 85 Abgeordnete, 590 lehnten ihn ab, zwölf enthielten sich.
FDP-Spitze begründet ihre Ablehnung
Die FDP-Spitze gab eine schriftliche Erklärung zu ihrem Nein zu einer allgemeinen Impfpflicht ab. Darin hieß es, bei den aktuellen Virus-Varianten wäre eine Impfpflicht nur gerechtfertigt, wenn eine Überlastung des Gesundheitssystems drohen und diese durch eine Impflicht verhindert werden würde. Dafür sehe man aber "im Moment keine Anhaltspunkte". Auch das Argument, die Einführung einer Impfpflicht heute könne garantieren, dass es im Herbst keiner Corona-Schutzmaßnahmen mehr bedürfe, wiesen die FDP-Politiker zurück. "Dieses Versprechen kann nach unserer Überzeugung heute niemand sicher abgeben."
Auch der Antrag der AfD scheiterte. 607 von 686 Abgeordnete stimmten dagegen, 79 votierten mit Ja. Die AfD hatte sich nicht nur gegen eine Corona-Impfpflicht ausgesprochen, sondern zusätzlich die Abschaffung der seit Mitte März geltenden Impfpflicht für das Personal im Gesundheitswesen beantragt.
Hitzige Debatte im Bundestag
Zuvor hatte der Bundestag hitzig über die mögliche Ausweitung der Corona-Impfpflicht diskutiert und auch über das Abstimmungsverfahren gestritten. Die Impfpflicht-Befürworter aus SPD, Grünen und FDP wollten verhindern, dass über den Antrag für die Pflicht ab 60 Jahren zuerst abgestimmt wird, weil sie sich bei umgekehrter Reihenfolge mehr Stimmen erhofften. Eine Mehrheit der Parlamentarier hatte dies abgelehnt.
Für eine allgemeine Impfpflicht als Vorsorge für den Herbst hatte sich auch Kanzler Olaf Scholz ausgesprochen. Wegen offenkundiger Meinungsverschiedenheiten hatte die Ampel-Koalition dazu aber keinen Regierungsentwurf eingebracht. Abgestimmt wurde daher weitgehend ohne die sonst üblichen Fraktionsvorgaben.
76 Prozent der Deutschen zweifach geimpft
Seit Beginn der Pandemie war eine allgemeine Impfpflicht lange über Parteigrenzen hinweg ausgeschlossen worden. Angesichts schleppender Impfungen sprachen sich Ende vergangenen Jahres Scholz und die Ministerpräsidenten doch dafür aus. Aktuell haben mindestens 63,2 Millionen Menschen oder 76 Prozent aller Einwohner den Grundschutz mit der nötigen zweiten Spritze. Die Impfkampagne ist aber nahezu zum Erliegen gekommen.