Visegrad-Treffen zur Flüchtlingskrise Östliche EU-Staaten fordern einen Plan B

Stand: 15.02.2016 20:53 Uhr

In der Flüchtlingskrise setzen die östlichen EU-Staaten weiter auf Abriegelung. Mazedonien und Bulgarien sollen laut den vier Visegrad-Staaten mehr Hilfe bei der Grenzsicherung erhalten. Zudem fordern sie einen Plan B, sollten die Türkei und Griechenland den Flüchtlingszuzug nicht stoppen.

Tschechien, Polen, Ungarn und die Slowakei wollen die sogenannte Balkanroute stärker gegen Flüchtlinge abriegeln. Die vier sogenannten Visegrad-Staaten sagten Mazedonien und Bulgarien Unterstützung bei der Grenzsicherung zu. "Wir dürfen die Balkanstaaten nicht ihrem Schicksal überlassen", sagte der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka.

Hilfe auf diesem Gebiet forderte die Vierergruppe auch von der Europäischen Union. Sie verlangte einen "Reserveplan" für den Fall, dass die Türkei und Griechenland den Zustrom im Frühjahr nicht stoppen könnten. "Wir sind entschlossen, den Flüchtlingsstrom zu kontrollieren und zu lenken", sagte der mazedonische Präsident Gjorge Ivanov. Sein Land baut an der griechisch-mazedonischen Grenze bereits einen zweiten Stacheldrahtzahn.

Konfrontationskurs zur Bundesregierung

Wenige Tage vor dem EU-Februargipfel gehen die vier Visegrad-Staaten damit auf Konfrontationskurs zur Regierung in Berlin, die weitere Grenzschließungen ablehnt. So warnte Kanzlerin Angela Merkel davor, zur Abschottung der Balkan-Route für Flüchtlinge die Grenzschließung zwischen Mazedonien und Griechenland zu betreiben. "Die für die Flüchtlingsbewegung entscheidende Schengen-Außengrenze liegt zwischen der Türkei und Griechenland", sagte sie der "Stuttgarter Zeitung". "Einfach in Mazedonien, das gar kein EU-Mitglied ist, einen Schutzzaun zu bauen, ohne uns darum zu kümmern, in welche Notlage das Griechenland brächte, das wäre nicht nur kein europäisches Verhalten, sondern löste auch unsere Probleme nicht."

Steinmeier warnt vor "Einfachslösungen"

Zuvor hatte bereits Außenminister Frank-Walter-Steinmeier vor vermeintlichen "Einfachstlösungen" zur Bewältigung der Flüchtlingskrise gewarnt. Dazu gehöre auch die Debatte über Grenzschließungen und Erwägungen, Griechenland aus der EU "herauszudrängen". Griechenland sei ein EU-Mitgliedstaat. "Deshalb haben wir die Pflicht, so gut, wie das möglich ist, die Außengrenzen Griechenlands zu schützen."

Ob die Flüchtlingskrise bewältigt werden könne, hänge ganz wesentlich davon ab, ob die Türkei zur Zusammenarbeit bereit sei, sagte Steinmeier. Er sei "im Augenblick zuversichtlich, dass die Türkei ihre Verpflichtungen einhält." Wenn sie dies tue, werde zwar "der Strom von Flüchtlingen Richtung Europa nicht abbrechen; aber die Zahlen im Jahre 2016 werden dann niedriger sein als im Jahr 2015".

Griechenland steht seit Monaten unter Druck, weil der Großteil der aus der Türkei ankommenden Flüchtlinge ungehindert über den Balkan Richtung Österreich, Deutschland und Schweden weiterreisen kann. Mehrere Länder haben deshalb wieder Kontrollen an den Binnengrenzen des Schengenraums eingeführt.

Visegrad-Bündnis

Das lose Kooperationsforum ist nach der ungarischen Stadt Visegrad benannt, wo es am 15. Februar 1991 von den Präsidenten Ungarns, Polens und der damaligen Tschechoslowakei, die 1993 in zwei Staaten zerfiel, gegründet wurde. Hauptziel war der gemeinsame Beitritt der Teilnehmerländer zur Europäischen Union. In der EU sollten dann gemeinsam Interessen durchgesetzt werden.

Im Jahr 2000 wurde das Forum durch seine bis heute einzige formelle Institution ergänzt, den Visegrad-Fonds mit Sitz im slowakischen Bratislava. Er fördert grenzüberschreitende Regionalprojekte und vergibt Stipendien. Das Bündnis funktioniert formlos.

Die Visegrad-Gruppe lebt von regelmäßigen Treffen ihrer Regierungschefs und Staatspräsidenten in dem Land, das gerade den Vorsitz innehat. Die jährlich wechselnde Präsidentschaft liegt bis Mitte 2016 bei Tschechien. Prag hat dafür das Motto "V4 Trust" gewählt, also gemeinsames Vertrauen.