Donald Trump

Anklage wegen versuchten Wahlbetrugs Gericht sieht Trumps Immunitätsargument kritisch

Stand: 10.01.2024 04:11 Uhr

Im Prozess um Wahlbetrug behauptet Ex-US-Präsident Trump, qua Amtes immun gewesen zu sein. Die Verteidigung warnt, ein Präsident, der nach Amtsende mit Strafverfolgung rechnen müsse, könne nicht mehr frei entscheiden. Ein Gericht sieht das Argument kritisch.

Der frühere US-Präsident Donald Trump ist zum ersten Mal seit Monaten zu einem Prozess über den Sturm seiner Anhängerinnen und Anhänger auf das Kapitol erschienen. Seine Anwälte argumentierten vor einem Berufungsgericht in Washington, Trump genieße für sein Handeln als Präsident absolute Immunität.

Sollte sein Mandant für Amtshandlungen vor Gericht gestellt werden, öffne dies die Tür für politisch motivierte Strafanklagen, sagte Verteidiger John Sauer. Mehrere Richterinnen und Richter zeigten sich skeptisch.

Trump wiegelte Menge auf

Trump hatte vor knapp drei Jahren seine Anhängerinnen und Anhänger aufgerufen, "zum Kapitol zu marschieren", wo seine Wahlniederlage gegen Joe Biden beglaubigt werden sollte, und "wie die Teufel zu kämpfen". Eine wütende Menge drang in das Gebäude ein und demolierte Teile der Einrichtung. Die Abgeordneten mussten in Sicherheit gebracht werden. Fünf Menschen wurden getötet.

Sonderermittler Jack Smith hat Trump wegen Versuchen, den Ausgang der Wahl 2020 zu beeinflussen, angeklagt: Wegen Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten, Verschwörung zum Stopp der Beglaubigung von Bidens Wahlsieg und Verschwörung gegen das Wahlrecht. Trump hat auf nicht schuldig plädiert und hält sich außerdem für immun gegen Strafverfolgung wegen seiner Amtshandlungen.

Die mit dem Fall befasste Bezirksrichterin Tanya Chutkan sieht das anders, hat das Verfahren gegen Trump aber erst einmal ausgesetzt, bis das Berufungsgericht über dessen Argumentation entschieden hat.

Anklage: Keine "absolute Immunität" in der Verfassung

Trumps Anwalt Sauer sagte vor dem Berufungsgericht: "Wenn ein Präsident oder eine Präsidentin jedes Mal, wenn er oder sie eine umstrittene Entscheidung treffen muss, über die Schulter schauen und sich fragen muss, ob er oder sie nach dem Ausscheiden aus dem Amt dafür ins Gefängnis muss, wenn meine politischen Gegner an die Macht kommen, dann schwächt das unweigerlich die Möglichkeiten des Präsidenten."

Die Anklage hielt dagegen, die US-Verfassung sehe keine absolute Immunität für Präsidenten vor. Eine solche Regel widerspräche auch dem Prinzip der Gewaltenteilung.

Richterinnen skeptisch

Zwei Richterinnen zeigten sich kritisch gegenüber den Argumenten der Verteidigung. "Ich denke, es ist paradox zu sagen, dass die verfassungsmäßige Pflicht [des Präsidenten], dafür zu sorgen, dass die Gesetze gewissenhaft angewendet werden, es ihm erlaubt, gegen das Strafrecht zu verstoßen", sagte Karen LeCraft Henderson.

Ihre Kollegin Florence Pan verwies darauf, dass die Verteidigung selbst gewisse Einschränkungen bei der Immunität eingeräumt habe. Das Berufungsgericht ließ zudem die Möglichkeit durchblicken, sich zu diesem Zeitpunkt für nicht zuständig zu erklären. Das Strafverfahren soll erst im März beginnen.

Verteidigung spielt auf Zeit

Trump sagte nach dem Gerichtstermin, die Anhörung sei ein ganz entscheidender Tag in dem Verfahren. Er beteuerte seine Unschuld und erklärte sich wieder einmal zum politisch Verfolgten. "Ein Präsident muss politische Immunität haben", sagte er.

Der Ausgang des Berufungsverfahrens könnte entscheidend für die Strategie Trumps werden, den Beginn des Strafprozesses hinauszuzögern. Sollte sich das Gericht für nicht zuständig erklären, würde der Fall schneller beim Obersten Gericht landen.

Trumps Verteidiger wollen erreichen, dass der Prozess erst nach den Wahlen im November beginnt. Sollte Trump dabei wieder zum Präsidenten gewählt werden, könnte er das Justizministerium anweisen, die Strafverfolgung einzustellen oder sogar versuchen, sich selbst zu begnadigen.

Trump warnt vor "Chaos im Land"

Trump hat vor "Chaos im Land" gewarnt, sollten die gegen ihn laufenden Strafverfolgungen weitergehen. Es sei "sehr unfair", wenn er als politischer Gegner von Präsident Joe Biden vom Justizministerium verfolgt werde, so Trump. Es handle sich um den Versuch, auf "diese Weise" die Präsidentschaftswahl im November zu gewinnen.

Trump will Biden bei der Wahl herausfordern und hat den Umfragen zufolge beste Chancen, von seiner Republikanischen Partei für die Wahl am 5. November nominiert zu werden. Die Vorwahlen der Republikaner zur Kür ihres Präsidentschaftskandidaten beginnen am kommenden Montag im Bundesstaat Iowa.

Julia Kastein, ARD Washington, tagesschau, 09.01.2024 12:24 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 10. Januar 2024 um 05:07 Uhr.