Autos stehen in Berlin im Stau.

Studie der EU-Umweltagentur Mindestens jeder Fünfte leidet unter Lärm

Stand: 05.03.2020 10:48 Uhr

Autos, Flugzeuge, Züge, Industrieanlagen: Ein neuer Bericht der EU-Umweltagentur zeigt auf, dass Millionen Menschen gesundheitlich unter Lärm leiden. Künftig werde es wohl auch nicht leiser in Europa.

Mindestens jeder fünfte Europäer ist in seiner Umgebung gesundheitsschädlichem Lärm ausgesetzt. Größter Lärmverursacher ist dabei sowohl tagsüber als auch nachts der Straßenverkehr. Das geht aus einem Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA) hervor.

Schätzungsweise 113 Millionen Menschen in Europa müssten dauerhaft mit einer durch den Straßenverkehr verursachten Lärmbelastung jenseits von 55 Dezibel klarkommen, teilte die in Kopenhagen ansässige EU-Behörde mit. 22 Millionen Menschen seien von einem ungesund hohen Lärmpegel durch Züge, vier Millionen durch Flugzeuge und eine Million von Industrielärm betroffen. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt einen Lärmpegel von maximal 53 Dezibel.

Tausende vorzeitige Todesfälle

55 Dezibel entspricht etwa der Lautstärke eines Gesprächs. Für Millionen Europäer ist diese Geräuschkulisse in ihrer Umgebung mit Gesundheitsproblemen verbunden, die bis zum Tod führen können. Schätzungsweise 22 Millionen Menschen auf dem Kontinent fühlen sich nach EEA-Angaben von einer dauerhaft hohen Lärmbelastung in ihrer unmittelbaren Umgebung stark gestört. 6,5 Millionen leiden wegen des Lärms unter schweren Schlafstörungen. Jährlich führe langfristiger Umgebungslärm zu 12.000 vorzeitigen Todesfällen.

Ein Flugzeug überfliegt beim Landeanflug auf den Flughafen Berlin-Tegel Wohnhäuser.

Vier Millionen Menschen in Europa sind von Fluglärm betroffen, so die Europäische Umweltagentur.

Große Unterschiede zwischen den Ländern

Bei der Anzahl der von Lärm belästigten Menschen gebe es innerhalb Europas große Unterschiede zwischen den Ländern, sagte EEA-Lärmexpertin Eulalia Peris. Sie ist die leitende Autorin des Berichts. In Deutschland seien prozentual betrachtet weniger Menschen einem hohen Straßenverkehrslärm ausgesetzt als zum Beispiel in Südeuropa. Während innerhalb städtischer Gebiete in Deutschland im Vergleichsjahr 2017 schätzungsweise jeder vierte bis fünfte Einwohner laut EEA-Bericht einem Straßenlärm von mehr als 55 Dezibel ausgesetzt war, war das bei fast zwei von drei Stadtmenschen in Italien und auf Zypern bei beinahe jedem städtischen Einwohner der Fall.

Dies dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Menschen in jedem Land ungesunden Lärmfrequenzen ausgesetzt seien, sagte Peris.

Es wird nicht leiser in Europa

Trotz größerer Versuche der Lärmverminderung seit der letzten EEA-Erhebung dieser Art im Jahr 2014 sei die Zahl der lärmgeplagten Europäer nicht gesunken, sagte Peris. Das EU-Ziel einer signifikanten Lärmverringerung bis 2020 werde deshalb verfehlt. Die EU-Behörde rechnet sogar damit, dass die Zahl der Europäer, die übermäßigem Lärm ausgesetzt sind, in den kommenden Jahren weiter steigen werde. Das liege am Wachstum der Städte, aber auch an der wachsenden Nachfrage nach Mobilität.

Das Problem der Lärmbelastung müsse mit mehreren Maßnahmen zugleich angegangen werden, forderte Peris. Nach EEA-Angaben versuchen Städte bereits seit längerem, auf älteren Straßen den Asphalt auszutauschen, den Verkehrsfluss besser zu steuern und die Geschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde zu senken. Auch explizit ausgewiesene ruhige Zonen seien auf dem Vormarsch - darunter vor allem Parks und Grünflächen, auf denen man den Stadtlärm hinter sich lassen könne.

Der EEA-Bericht beruht auf Informationen aus den EU-Staaten inklusive Großbritannien sowie Island, Norwegen, Liechtenstein und der Schweiz. Als Umgebungslärm betrachtet die Behörde ungewollte und schädliche Außengeräusche, die vom Menschen im Straßenverkehr sowie mit Zügen, Flugzeugen und in der Industrie verursacht werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 05. März 2020 um 10:00 Uhr.