Lynne Tracy

Inhaftierter US-Reporter Botschafterin fordert Gershkovichs Freilassung

Stand: 18.04.2023 20:14 Uhr

Der US-Reporter Gershkovich bleibt in russischer Haft: Seine Beschwerde wurde abgelehnt - die Hinterlegung einer Kaution ebenfalls. US-Botschafterin Tracy forderte nun seine unverzügliche Freilassung.

"Ich spreche zu Ihnen von der Treppe des Moskauer Stadtgerichts, wo wir heute die Anhörung zum Fall Evan Gershkovich beobachtet haben", sagt die US-Botschafterin in Russland, Lynne Tracy. Es ist bereits ihr zweiter Presseauftritt nach einer Gerichtsverhandlung in nur zwei Tagen - und erneut eine demonstrative Geste der Diplomatin nach der erwartbaren Entscheidung der Richterin. Die nämlich schmetterte die Haftbeschwerde von Evan Gershkovich, dem Moskau-Korrespondenten des "Wall Street Journal", ab.

Gershkovich war Ende März in Jekaterinburg vom Geheimdienst FSB festgenommen worden. Dessen Begründung: Auf amerikanische Anweisung hin habe der Reporter Informationen über ein Rüstungsunternehmen gesammelt.

Der Reporter wurde nach Moskau überführt und von einem Gericht in Moskau-Lefortowo in Untersuchungshaft gesteckt. Daraufhin legte er gegen die Haft Beschwerde ein. Falls Gershkovich in einem Prozess wegen Spionagetätigkeit verurteilt wird, bedeutet das bis zu 20 Jahre Haft.

Russisches Gericht lehnt Antrag auf Freilassung von US-Journalisten Gershkovich ab

Sabine Krebs, WDR, tagesthemen, tagesthemen, 18.04.2023 22:15 Uhr

Ein Kaution über 50 Millionen Rubel wurde abgelehnt

"Die Anschuldigungen gegen Evan haben keine Grundlage, und wir fordern die Russische Föderation auf, ihn unverzüglich freizulassen", sagte die US-Botschafterin nach der Anhörung, deren Verlauf Anwältin Maria Kortschagina so schilderte: "Wir schlugen Alternativen zur Haft vor, einschließlich Hausarrest, da er ja in der Stadt Moskau registriert ist."

Man habe auch eine Kaution in Höhe von 50 Millionen Rubel, etwa 560.000 Euro, geboten. Für die habe die Dow Jones Consumer Media Group, Herausgeberin des "Wall Street Journal", eine Garantieerklärung abgegeben. Das alles sei jedoch vom Gericht abgelehnt worden.

 

Vorverurteilung durch das Außenministerium

Das "Wall Street Journal" hatte schon kurz nach der Festnahme entschieden gegen die Beschuldigung seines Korrespondenten protestiert - als von offizieller russischer Seite bereits knallharte Vorverurteilungen veröffentlicht wurden. Wie etwa am 30. März von Maria Sacharowa, der Sprecherin des russischen Außenministeriums: "In diesem Fall sprechen wir davon, dass er unter dem Deckmantel journalistischer Aktivitäten, eines Journalistenvisums und einer Akkreditierung, an völlig anderen Aktivitäten beteiligt war."

Auch wenn Gershkovich in Untersuchungshaft bleibt - seine Anwältin schildert einen Beschuldigten, der nicht klein beigeben will:

Er hat Kampfgeist. Er ist bereit, das Recht auf freien Journalismus zu beweisen. Er ist bereit, sich zu verteidigen. Das hat er heute bei der Gerichtssitzung erklärt. Er ist bereit, seine Unschuld zu beweisen. Er hält durch, dankt allen für die unterstützenden Worte und Briefe, die er soweit wie möglich beantwortet. Und er hat keine gesundheitlichen Probleme.

Kerstin Klein, ARD Washington, zum möglichen Gefangenenaustausch nach Verhaftung von Gershkovich

tagesthemen, tagesthemen, 18.04.2023 22:15 Uhr

Eventueller Austausch erst nach Prozess

Was wieder zu US-Botschafterin Tracy führt, die Gershkovich jetzt erstmals in U-Haft besuchen durfte und danach ebenfalls dessen gute Gesundheit bestätigen konnte.

Für den ebenfalls inhaftierten Wladimir Kara-Mursa konnte sie am Tag zuvor kein entsprechendes Attest ausstellen: Gemeinsam mit ihren Kolleginnen aus Kanada und Großbritannien hatte sie gegen die Verhängung von 25 Jahren Lagerhaft gegen Oppositionellen protestiert, der derzeit gesundheitlich schwer angeschlagenen ist. Der Auftritt vor einem Moskauer Gerichtsgebäude hatte heute ein Nachspiel: Die drei Botschafterinnen wurden wegen Einmischung in die inneren Angelegenheiten ins Außenministerium einbestellt.

Der Journalist Gershkovich bleibt zunächst bis Ende Mai in Untersuchungshaft. Sollte es einen Austausch geben - das wurde bereits offiziell verkündet - wäre das erst nach einem Prozess und einem Urteil möglich. 

Frank Aischmann, ARD Berlin, 18.04.2023 16:59 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 18. April 2023 um 15:09 Uhr.