EU-Parlamentschef kritisierte "Staatsstreich-Charakter" Polens Regierung empört über Martin Schulz

Stand: 14.12.2015 21:40 Uhr

Seitdem die rechtskonservative PiS-Partei an der Macht ist, blicken führende EU-Politiker mit Sorge nach Polen. Was dort geschehe, habe "Staatsstreich-Charakter", sagte EU-Parlamentspräsident Schulz zuletzt in einem Interview - und sorgt damit für heftige Reaktionen.

Seitdem die rechtskonservative PiS-Partei an der Macht ist, blicken führende EU-Politiker mit Sorge nach Polen. Was dort geschehe, habe "Staatsstreich-Charakter", sagte EU-Parlamentspräsident Schulz zuletzt in einem Interview - und sorgt damit für heftige Reaktionen.

Mit Empörung hat die polnische Regierung auf Kritik von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz an ihrem Umgang mit rechtsstaatlichen Prinzipien reagiert. Ministerpräsidentin Beata Szydlo verlangte eine Entschuldigung von Schulz für seine Äußerung, was sich in Polen abspiele, habe "Staatsstreich-Charakter".

Im Deutschlandfunk hatte Schulz von einer "dramatischen" Entwicklung gesprochen und angedeutet, dass über diese im Europaparlament spätestens im Januar umfassend diskutiert werde.

Szydlo von der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) sagte, Äußerungen wie die von Schulz seien "inakzeptabel", sie seien "absolut unberechtigt" und würden "von der politischen Weltmeinung nicht akzeptiert". Die PiS regiere auf der Grundlage des "Vertrauens der Bürger", das in den jüngsten Wahlen zum Ausdruck gekommen sei. Der polnische Außenminister Witold Waszczykowski sagte in Brüssel, Schulz' Äußerungen seien "unbegründet, ungerecht und skandalös".

Sorge um die Demokratie in Polen

In Polen waren am Wochenende Zehntausende Menschen gegen den Kurs der rechtskonservativen Regierung auf die Straße gegangen. Sie protestierten gegen eine "Schleifung der Demokratie" durch die neue Regierung. Die Kritiker prangern unter anderem die Einsetzung von regierungsnahen Verfassungsrichtern an.

Auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn warnte, die Unabhängigkeit von Justiz und Medien in Polen sei bedroht. "Wir dürfen nicht davor zurückscheuen, mit dem Finger auf diejenigen Länder zu zeigen, in denen Grundrechte und Verfassung mit Füßen getreten werden", sagte Asselborn "Spiegel Online". Luxemburg hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne.

Wenn ein Land gegen die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit verstoße, müsse dies künftig im Ministerrat diskutiert werden. Offensichtlich nehme sich die neue Regierung in Warschau ein Vorbild am ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Der Rechtspopulist Orban war wegen seine Vorgehens gegen Justiz und Medien häufig scharf kritisiert worden.

Asselborn versicherte, dass die Entscheidung der polnischen Wähler selbstverständlich akzeptiert werde. "Aber wenn europäische Grundrechte ausgehebelt werden, ist das keine Einmischung in innere Angelegenheiten eines Mitgliedlands, dann muss das unser aller Sorge sein."

Verfassungsgericht sieht Gesetzesverstoß

Das Verfassungsgericht hatte vergangene Woche entschieden, dass ein neues Gesetz zur Ernennung von fünf Verfassungsrichtern teilweise gegen die Verfassung verstößt. Das Gesetz war von der neuen rechten Regierungsmehrheit verabschiedet worden. Präsident Andrzej Duda hatte die fünf Verfassungsrichter, deren Ernennung nun für unrechtmäßig erklärt wurde, allerdings schon vereidigt.