Bericht über Abhöraktion NSA spähte offenbar auch EU aus

Stand: 29.06.2013 22:23 Uhr

Der US-Geheimdienst NSA hat laut "Spiegel" nicht nur ausländische Mails und Telefongespräche angezapft, sondern auch die EU: Deren Einrichtungen in Brüssel, Washington und New York seien belauscht worden. EU-Politiker reagierten empört.

Der US-Geheimdienst NSA hat nach Informationen des Magazins "Der Spiegel" auch die Europäische Union gezielt ausgespäht. In EU-Gebäuden in Washington, New York und Brüssel seien unter anderem Wanzen installiert worden, meldet das Blatt und beruft sich auf Dokumente des Ex-US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden.

Aus einem als streng geheim eingestuften Papier der NSA vom September 2010 gehe hervor, wie der Geheimdienst Wanzen im Gebäude der EU-Vertretung in Washington angebracht und auch das interne Computernetz infiltriert habe. So könnten die USA nicht nur Besprechungen in dem Gebäude belauschen, sondern bekämen auch Zugriff auf E-Mails und interne Dokumente auf den Computern.

Auf die gleiche Weise sei auch gegen die EU-Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York vorgegangen worden.

Spuren ins NATO-Hauptquartier

Dem Bericht zufolge ist die NSA auch für eine Spähaktion verantwortlich, die sich vor mehr als fünf Jahren gegen das Justus-Lipsius-Gebäude in Brüssel gerichtet habe. Dort verfügt jeder EU-Staat über Räume mit Telefon- und Internetanschlüssen für Minister. Der Angriff sei ins NATO-Hauptquartier im Vorort Evere zurückverfolgt worden - und zwar in einen abgeschirmten Bereich, der von NSA-Experten genutzt werde.

Empörung bei EU-Politikern

EU-Politiker reagierten empört auf die mutmaßliche Abhöraktion. Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, forderte genauere Informationen. "Aber wenn das stimmt, ist es ein Riesenskandal", sagte der SPD-Politiker "Spiegel Online". Dies bedeute eine große Belastung für die Beziehungen der EU und der USA.

Der Datenschutzexperte der Grünen im Europaparlament, Jan Philipp Albrecht, äußerte sich in der tagesschau besorgt: Träfe der Bericht über die Lauschangriffe zu, "ist das ein klarer Beleg dafür, dass der Rechtsstaat hier auf der Kippe steht. Eine Art Kernschmelze des Rechtsstaats beginnt."

Elmar Brok (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des Europaparlaments sagte "Spiegel Online", das Ausspionieren habe "Dimensionen angenommen, die ich von einem demokratischen Staat nicht für möglich gehalten habe".

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn bezeichnete die Spähaktion - sofern sie wahr sei - als abscheulich und sprach von einem Vertrauensbruch: "Alles wird von den USA damit begründet, man bekämpfe den Terrorismus. Aber die EU und ihre Diplomaten sind keine Terroristen."

Der Ex-NSA-Mitarbeiter Snowden, der von den US-Behörden wegen Spionage per Haftbefehl gesucht wird, hatte vor einigen Wochen groß angelegte Ausspähprogramme des US- und des britischen Geheimdienstes öffentlich gemacht. Der 30-jährige IT-Spezialist soll sich im Transitbereich eines Moskauer Flughafens aufhalten, wo er auf die Prüfung seines Asylgesuchs in Ecuador wartet. Die USA verlangen Snowdens Auslieferung. Die russische Regierung lehnt dies weiter ab.

Folgenloses Telefonat

Unterdessen telefonierten Ecuadors Präsident Rafael Correa und US-Vizepräsident Joe Biden wegen der Causa Snowden. Nach Correas Angaben bat Biden darum, den Asylantrag Snowdens abzulehnen. Er habe ein "freundliches und sehr herzliches" Gespräch mit Biden geführt, erklärte er. Ecuador könne aber erst über den Antrag befinden, wenn sich Snowden entweder in dem Staat selbst oder in einer der Botschaften Ecuadors aufhalte.