Grafische Darstellung des Satelliten Aeolus

Neues Einsatzgebiet NATO wappnet sich für Kriege im All

Stand: 02.05.2022 03:04 Uhr

Die NATO will den Weltraum zum neuen Einsatzgebiet erklären. Er sei unentbehrlich für die Verteidigung und Abschreckung. Eigene Waffen wolle man aber nicht im All stationieren.

Die NATO wappnet sich für Kriege im Weltraum. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa haben die 29 Bündnisstaaten beschlossen, das All zu einem eigenständigen Operationsgebiet zu erklären. Die Entscheidung soll am Mittwoch bei einem Außenministertreffen offiziell bekannt gegeben werden.

Konkret könnte der Beschluss der NATO bedeuten, dass mögliche Angriffe aus dem Weltraum künftig als Bündnisfall behandelt werden - also so wie bislang Angriffe am Boden oder im Luft-, See- oder Cyberraum. Das Bündnis soll zudem zu einem Schlüsselforum für den Austausch von Fähigkeiten und Informationen werden - ohne dabei allerdings selbst den Einsatz von Weltraumwaffen zu unterstützen oder diese sogar zu entwickeln.

"Die NATO hat nicht die Absicht, Waffen im Weltraum zu stationieren, aber wir müssen sicherstellen, dass unsere Missionen und Operationen die passende Unterstützung haben", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg kurz vor dem Beschluss in Brüssel. Das All sei zum Beispiel für Frühwarnsysteme, die Kommunikation und Navigation von entscheidender Bedeutung.

Der Norweger spielte damit darauf an, dass die NATO immer mehr von Technik im All abhängig ist. Derzeit umkreisten rund 2000 Satelliten die Erde, sagte Stoltenberg. Rund die Hälfte davon werde von NATO-Staaten betrieben. Sie müssten geschützt werden.

Über Satelliten läuft die Kommunikation bei Militäreinsätzen, sie werden zur Aufklärung und Spionage sowie für Navigationssysteme genutzt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ein Angriff auf Satelliten der NATO-Staaten ihre Verteidigungsfähigkeit erheblich einschränken könnte.

Hinzu kommt, dass Angriffe auf Satelliten im Fall eines Krieges genutzt werden könnten, um Teile des öffentlichen Lebens lahmzulegen. So könnten zum Beispiel die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und Navigationssysteme für den Straßen-, See- und Luftverkehr schwer beeinträchtigt werden.

Neben dem NATO-Land USA haben zuletzt vor allem Staaten wie Russland, China und Indien ihre Fähigkeiten im Weltraum erheblich ausgebaut. Bündnis-Vertreter verweisen darauf, dass Länder wie China und Russland Möglichkeiten zur Beeinträchtigung oder gar Zerstörung von Satelliten getestet haben.

Im Oktober 2017 kam ein russischer Satellit einem französisch-italienischen Satelliten für militärische Kommunikation auffällig nahe. Paris bezichtigte Moskau daraufhin der Spionage. Indien testete zuletzt im Frühjahr durch das Abschießen eines eigenen Satelliten erfolgreich eine Anti-Satelliten-Rakete. Zudem werden zunehmend Fähigkeiten erprobt, Satelliten zum Beispiel durch Laser oder Cyberattacken auszuschalten.

Neben der Drohkulisse wird auch der möglicherweise entstandene Weltraumschrott als Gefahr gesehen. So könnten Satelliten oder Teile von ihnen zum Beispiel die Internationale Raumstation ISS beschädigen.

Dass Aufrufe gegen eine Militarisierung des Weltraumes, die grundsätzlich auch von der NATO mitgetragen werden, Wirksamkeit zeigen, ist allerdings fraglich. So hat US-Präsident Donald Trump erst im Dezember 2018 die Bildung des "United States Space Command" angeordnet. Ziel ist es, bis Ende 2020 eine "United States Space Force" als sechste US-Teilstreitkraft zu gründen. Sie soll laut Trump sicherstellen, dass die Dominanz Amerikas im Weltraum nie bedroht werde.

Im Jahr 2016 hatte das Bündnis bereits den Cyberspace neben den traditionellen Einsatzbereichen Luft, Boden und See zum eigenständigen Operationsgebiet erklärt. Hacker-Angriffe können seitdem auch den Bündnisfall auslösen. Als ersten Schritt hin zur Aufwertung des Weltalls hatte die NATO bereits im Juni erstmals eine Weltraum-Strategie beschlossen.

Die NATO hatte zwischen den 1970er- und den 1990er-Jahren mehrere Satelliten für militärische Kommunikation ins All geschickt. Inzwischen verzichtet das Bündnis aber auf eigene Kapazitäten im Weltraum und nutzt Satelliten der Mitgliedsstaaten.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg

Generalsekretär Stoltenberg betonte die Bedeutung des Weltraums für die NATO.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 19. November 2019 um 13:00 Uhr.