Konflikt um EU-Verfassungsprozess Scharfe Worte an Polens Regierung

Stand: 15.06.2007 09:04 Uhr

Im Streit um die EU-Verfassung hat EU-Parlamentspräsident Pöttering Polen aufgefordert, seine Veto-Drohung zurückzunehmen. Polen solle sich hüten, gegen seine eigenen Interessen zu handeln. Kanzlerin Merkel bereitet heute mit den Ministerpräsidenten Spaniens und Belgiens den EU-Gipfel vor.

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, hat Polen aufgefordert, seine Veto-Drohungen im EU-Verfassungsstreit zurückzuziehen. "Polen sollte sich davor hüten, gegen seine eigene Interessenlage zu handeln", sagte Pöttering der "Rhein-Zeitung". Warschau verlange die Solidarität der anderen EU-Staaten, etwa bei der Energiesicherheit oder im gespannten Verhältnis zu Russland. "Dann muss es sich selbst auch kompromissbereit zeigen. Solidarität ist keine Einbahnstraße", fügte er hinzu.

Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, Martin Schulz, warf der polnischen Regierung in der "Financial Times Deutschland" wegen ihrer Veto-Drohung vor, sie denke nur "in irrationalen Kategorien - nach dem Motto: Polen zuerst, wer nicht mit uns ist, ist gegen uns". Zudem spiele sie permanent mit der Opferrolle Polens in Europa. Dies sei gefährlich.

"Europa der zwei Geschwindigkeiten vermeiden"

Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, rief die polnische Regierung zum Einlenken auf. Andernfalls wäre es "unvermeidbar, dass wir zu einem Europa der zwei Geschwindigkeiten kämen, was keiner wirklich will", sagte Polenz dem "Kölner Stadt-Anzeiger".

Von den verfassungsskeptischen Staaten gilt Polen als der härteste Gegner einer Vereinbarung beim Brüsseler Gipfel. Die Regierung fordert ein größeres Stimmengewicht in der EU und droht bislang mit einem Veto, wenn das System der Stimmgewichtung nicht grundlegend verändert wird. Gestern hatte Polen erstmals Bereitschaft zum Einlenken signalisiert. Sein Land wolle sich nicht isolieren und suche nach einem Kompromiss, mit dem alle Länder leben könnten, hatte Präsident Lech Kaczynski gesagt.

Merkel bereitet EU-Gipfel vor

Bundeskanzlerin Angela Merkel will Kaczynski am Samstag während eines Treffens in Meseberg bei Berlin von einer Einigung überzeugen. Heute trifft sie zur Vorbereitung des EU-Gipfels in der kommenden Woche, der die EU-Verfassung zum Hauptthema hat, mit dem spanischen Ministerpräsidenten Luis Rodriguez Zapatero und danach mit dem niederländischen Regierungschef Jan Peter Balkenende zusammen.