Rückblick zur Ukraine-Krise Ein Jahr nach dem Krim-Referendum

Stand: 16.03.2015 12:51 Uhr

Heute vor einem Jahr wurde in einem umstrittenen Referendum über den Status der Krim abgestimmt - nur wenige Wochen nach der Gewalt auf dem Kiewer Maidan. Anschließend wurde die Halbinsel in die Russische Föderation eingegliedert.

Von Ludger Kazmierczak, Den Haag

Sie trugen grüne Uniformen ohne Hoheitszeichen und waren schwer bewaffnet: die Soldaten, die Ende Februar des vergangenen Jahres die Krim unter ihre Kontrolle brachten. Nach anfänglichem Leugnen musste selbst Präsident Putin zugeben, dass die sogenannten grünen Männchen nicht auf dem Mars, sondern in Russland zu Hause sind.

"Hinter den Selbstverteidigungskräften auf der Krim standen unsere Militärangehörigen", so Putin im Juni 2014. Sie hätten sehr professionell und entschlossen gehandelt. "Ohne sie wäre es nicht möglich gewesen, offen, transparent, ehrlich und würdig ein Referendum durchzuführen und den Menschen dabei zu helfen, ihre Meinung zu äußern", so der russische Präsident.

Eine Grenzverschiebung in Europa

Die Volksabstimmung am 16. März 2014 verstieß gegen die ukrainische Verfassung, was Moskau nicht sonderlich interessierte. 96 Prozent der Wähler votierten für den Beitritt zu Russland. Überprüfen ließ sich das Ergebnis nicht, denn unabhängige Wahlbeobachter waren nicht zugelassen bei diesem "offenen und ehrlichen" Referendum. Und so verschob Russland ohne großes Blutvergießen die Grenzen in Europa - auch wenn der ukrainische Premier Jazenjuk das zu diesem Zeitpunkt noch nicht wahrhaben wollte.

"Die Ukraine wird alle gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Integrität des Landes zu bewahren", so Jazenjuk damals. "Die Krim war, ist und wird immer Teil der Ukraine sein."

Absturz der Passagiermaschine als "Terroranschlag"

Doch sehr bald stellte sich die Frage, ob die Krim vielleicht nur der Anfang war. Anfang April besetzten prorussische Aktivisten wichtige Verwaltungsgebäude in den Industriemetropolen im Osten der Ukraine. Eigenmächtig riefen sie die Volksrepublik Donezk aus, die Gewalt eskalierte. Unterdessen wurde der Schokoladenfabrikant Petro Poroschenko zum neuen Präsidenten des Landes gewählt. Im Juni unterzeichnete er ein Assoziierungsabkommen mit der EU.

Nur wenige Wochen später trat er vor die Fernsehkameras, um auf den Absturz einer malaysischen Passagiermaschine nahe der Industriestadt Tores zu reagieren. Fast 300 Menschen kommen zu Tode - überwiegend Niederländer.

"Unser Territorium wird von einem fremden Land beschossen. Flugzeuge werden abgeschossen, gut ausgebildete Kämpfer und Militärtechnik eingeschleust", so Poroschenko damals. Die ganze Welt habe nun das wahre Gesicht des Aggressors gesehen. "Denn der Absturz dieses Flugzeugs ist ein Terroranschlag, der gegen die ganze Welt gerichtet ist."

Status der Ostukraine offen

Der Westen verschärfte seine Sanktionen gegen Russland, doch das Töten ging weiter. Insgesamt sind bereits mehr als 6.000 Menschen gestorben - darunter viele Zivilisten. Immerhin: Die vor ein paar Wochen in Minsk vereinbarte Waffenruhe scheint weitestgehend zu halten. Doch die Lage bleibt angespannt, solange der künftige Status der Ostukraine offen ist.

Auf der Krim hingegen hat Russlands Präsident Putin schon vor einem Jahr Fakten geschaffen. In einer reißerischen Fernsehdokumentation zum Jahrestag des Referendums gesteht er sogar ein, den Anschluss der Krim bereits im Februar 2014 geplant zu haben: "Ja genau, es war die Nacht vom 22. auf den 23. Wir waren um sieben Uhr morgens fertig mit einer Besprechung. Und beim Abschied habe ich meinen vier Kollegen gesagt: Die Lage in der Ukraine ist so, dass wir gezwungen sind, alle Vorbereitungen für eine Rückkehr der Krim nach Russland zu treffen."