Iraner nehmen an einer Trauerfeier für die Opfer des Flugzeugabsturzes teil.

Nach Abschuss von Flugzeug Iraner protestieren gegen Regierung

Stand: 12.01.2020 20:47 Uhr

Die iranische Führung gerät wegen des Abschusses eines ukrainischen Flugzeugs zunehmend auch im eigenen Land unter Druck. Die Proteste in Teheran gehen weiter. Für Spannungen sorgt der Umgang mit dem britischen Botschafter.

Nach dem späten Bekenntnis des Iran zum Abschuss eines ukrainischen Passagierflugzeugs hat es in Teheran erneut Proteste gegen die iranische Führung gegeben. Demonstranten in mehreren Städten forderten den Rücktritt führender Politiker. "Sie lügen, wenn sie sagen, unser Feind ist Amerika. Unser Feind ist hier", skandierten Dutzende Menschen vor einer Universität in Teheran.

"Entschuldigt euch und tretet zurück", titelte die als moderat geltende Zeitung "Etemad". Es sei der Wille des Volkes, dass die Verantwortlichen ihre Posten aufgeben müssten. Sicherheitskräfte gingen auch heute wieder mit Tränengas gegen Hunderte Demonstranten vor.

Auf dem Teheraner Platz Vali-e Asr bezogen Bereitschaftspolizei und Polizisten in zivil Stellung. Auf dem Platz wurde ein großes schwarzes Banner mit den Namen der 176 bei dem Abschuss der ukrainischen Passagiermaschine am Mittwoch getöteten Menschen enthüllt. Auch an der Universität und anderen Plätzen wurde ein großes Polizeiaufgebot zusammengezogen.

Iraner protestieren in Teheran.

Bei den Protesten gegen die politische und religiöse Führung skandierten Demonstranten "Tod dem Diktator".

Trump warnt vor Niederschlagung der Proteste

US-Präsident Donald Trump warnte die iranische Führung erneut vor einer blutigen Niederschlagung regierungskritischer Proteste. "An die Führung im Iran - tötet nicht eure Demonstranten", schrieb er auf Twitter. Die Welt "und was noch wichtiger ist, die USA", würden die Ereignisse im Iran genau beobachten.

In einem ersten Tweet hatte Trump bereits am Samstag seine Unterstützung für die Proteste erklärt und den Iran vor "weiteren Massakern an friedlichen Demonstranten" gewarnt. Er spielte damit auf die blutige Niederschlagung landesweiter Proteste im November an, bei denen laut Amnesty International mehr als 300 Menschen getötet worden waren. 

Zugleich sicherte Trump den Demonstranten im Iran seine Unterstützung zu - und zwar in inhaltsgleichen Tweets in Englisch und Farsi, der im Iran gesprochenen Sprache. Die iranische Führung kritisierte diese Tweets scharf. Trump habe kein Recht, auf Persisch zu twittern, nachdem er jahrelang das iranische Volk mit Drohungen und Sanktionen terrorisiert habe, so Außenamtssprecher Abbas Mussawi.

Mussawi selbst twitterte: "Stehen Sie an der Seite der Iraner oder gegen sie, wenn Sie ihren Nationalhelden in einer Terroraktion töten lassen?" Mit "Nationalheld" meinte er den iranischen Top-General Kassam Soleimani, den die USA Anfang Januar in Bagdad mit einem Drohnenangriff gezielt getötet hatten.

Außenminister bestellt britischen Botschafter ein

Für diplomatische Spannungen sorgte die kurzzeitige Festnahme des britischen Botschafters Rob Macaire in Teheran. Er war am Rande der Proteste am Samstagabend kurzzeitig festgesetzt worden. Die Regierung in London rügte dies als "ungeheuerliche Verletzung internationalen Rechts". Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte sich deswegen besorgt und rief zur Deeskalation auf. Botschafter genießen im Gastland Immunität. Damit sind sie vor straf- und zivilrechtlicher Verfolgung geschützt.

Teheran

Vor der britischen Botschaft in Teheran versammelten sich rund 200 Menschen zum Protest gegen das Verhalten des britischen Botschafters.

Macaire selbst twitterte heute, er sei bei keiner Demonstration gewesen, sondern zu einer "Veranstaltung gegangen, die als Trauerwache für die Opfer des Flugzeugabsturzes angekündigt war". Das iranische Außenministerium bestellte den Botschafter ein und teilte ihm dabei mit, dass seine Teilnahme an einer "illegalen Kundgebung" gegen die diplomatischen Vorschriften verstoßen habe. Die Teilnahme habe nichts mit seinen Verpflichtungen als Vertreter seines Landes zu tun gehabt, hieß es nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA.

Tränengas gegen Demonstranten

Der Iran hatte am Samstag nach tagelangem Leugnen zugegeben, dass der Absturz nicht auf einen Defekt zurückging, sondern durch einen Raketenbeschuss verursacht wurde. Dies sei unabsichtlich geschehen. Alle 176 Insassen starben, darunter viele Iraner mit doppelter Staatsbürgerschaft. Nach dem Eingeständnis protestierten am Samstagabend Tausende Menschen gegen den politischen und religiösen Führer Ajatollah Ali Khamenei und skandierten "Tod dem Diktator". Die Polizei setzte Tränengas gegen die Demonstranten in Teheran und anderen Städten ein.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 11. Januar 2020 um 20:00 Uhr.