
Energiekrise Ungarn will mehr Gas von Russland kaufen
Während die meisten EU-Staaten versuchen, die Gaslieferungen aus Russland zu reduzieren, tanzt Ungarn mal wieder aus der Reihe. Außenminister Szijjarto reiste extra nach Moskau, um mehr russisches Gas für den Winter einzukaufen.
"Wir sind in Moskau", schreibt Ungarns Außenminister Peter Szijjarto auf seiner Facebook-Seite und postet ein Bild, das ihn neben einer Maschine der ungarischen Luftwaffe zeigt. Er wolle die Gasversorgung für die ungarische Bevölkerung sicherstellen und eine "friedliche Lösung des Kriegs in der Ukraine finden." Szijjarto werde mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zusammenkommen, meldete die staatliche ungarische Nachrichtenagentur MTI.
Lawrow kündigte während des Besuchs seines ungarischen Amtskollegen an, Russland werde den Wunsch Ungarns erwägen, die Gaseinkäufe von Russland zu erhöhen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Zuvor hatte der ungarische Außenminister bereits in Budapest erklärt, dass er in Verhandlungen stehe, um vor dem Winter mehr Gas für Ungarn einzukaufen.
Russland bestand auf Regierungspolitiker
Unabhängige Energieexperten in Ungarn vermuten, es habe offenkundig Bemühungen der ungarischen Regierung gegeben, weitaus weniger öffentlichkeitswirksam eine weitere Liefervereinbarung mit Russland abzuschließen. So seien ungarische Fachleute nach Moskau entsandt worden. Die russische Seite habe aber darauf bestanden, dass Regierungspolitiker anreisen müssten. Ungarn hatte bereits im vergangenen Jahr einen 15-jährigen Gasliefervertrag mit Gazprom über insgesamt 4,5 Milliarden Kubikmeter abgeschlossen.
Die ungarische Regierung hatte vor dem Treffen der Außenminister ein Dekret veröffentlicht, wonach die jahrelange Subventionierung der Gas- und Strompreise für Privathaushalte - eines der Prestigeprojekte von Ministerpräsident Orban - weitgehend aufgehoben wird. Ab August müssten alle Haushalte, die mehr verbrauchen würden, höhere Gas- und Strompreise zahlen. Wer unterhalb einer festgelegten Verbrauchsgrenze liege, erhalte weiterhin die subventionierten Preise.
"In Europa entwickelt sich eine brutale Energiekrise"
Vielen Menschen in Ungarn stehen somit deutlich höhere Energieausgaben ins Haus. Bislang waren die Nebenkosten für Gas und Strom auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau eingefroren worden. "Es ist allen bekannt, dass der langwierige Krieg und die falschen Antworten, die falsche Sanktionspolitik von Brüssel nicht ohne Konsequenzen bleiben kann, auch nicht an den Energiemärkten", sagte Szilárd Németh, der zuständige Ressortminister. "In Europa entwickelt sich eine brutale, nie gesehene Energiekrise, was wir in mehreren Bereichen sehen können: An den hohen Energiepreisen. Erdgas ist auf den Weltmärkten sechsmal so teuer, Erdöl fünfmal so teuer wie im letzten Jahr."
Das Einfrieren der Energiepreise für private Haushalte ist eine Maßnahme, mit der Ministerpräsident Viktor Orbán bereits vor den Wahlen von 2014 bei der Bevölkerung gepunktet hatte. Doch sie belastete den Staatshaushalt zunehmend.
Mit der staatlichen Deckelung der Nebenkosten war Orbán vor acht Jahren in den Wahlkampf gegangen, und auch in den Wahlkämpfen 2018 und 2022 spielte die staatliche Subventionierung der Energiekosten für private Haushalte eine große Rolle. Angesichts rasant steigender Energiepreise könne es heute jedoch nicht mehr sein, "dass jede und jeder unbegrenzt die reduzierten Preise für Strom und Gas nutzen kann", so die Regierung.