Eine russische MiG-31 mit der Hyperschallrakete "Kinschal"

Russlands Invasion in der Ukraine Besorgnis über Einsatz neuer Hyperschallrakete

Stand: 08.05.2023 11:29 Uhr

Bei zwei Angriffen in der Ukraine hat die russische Armee nach eigenen Angaben Hyperschallraketen eingesetzt. Im Westen sorgen die schwer abzufangenden Raketen für Besorgnis - ein Wendepunkt im Krieg sei ihr Einsatz aber nicht.

Der russische Einsatz von Hyperschallraketen im Krieg in der Ukraine hat auch bei deutschen Politikern Besorgnis ausgelöst. "Der Einsatz der Hyperschallwaffe ist ein realer Test vor den Augen der Welt und ein Signal an die NATO: Mischt Euch nicht ein, denn wir sind im Besitz von Waffen, gegen die ihr euch kaum verteidigen könnt", sagte der CDU-Verteidigungspolitiker Johann Wadephul der Zeitung "Welt". "Leider besteht diese Fähigkeitslücke der NATO, die wir dringend schließen müssen."

Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Ulrich Lechte, nannte den Einsatz "historisch und eine weitere Eskalationsstufe".

Russland spricht von zwei Einsätzen

Nach Einschätzung von Experten war es das erste Mal, dass die russischen Truppen die Rakete vom Typ "Kinschal" (Dolch) in einem Krieg einsetzten.

Die russische Armee hat nach eigenen Angaben zwei Mal in den vergangenen Tagen "Kinschals" abgefeuert: Am Freitag sei dabei ein unterirdisches Waffenlager im Westen der Ukraine zerstört worden, am Sonntag dann ein Treibstofflager in der Region Mykolajiw im Süden des Landes. Unabhängig lassen sich diese Berichte nicht überprüfen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Rakete kann Flugabwehr ausweichen

Nach russischen Angaben fliegen die Raketen sehr schnell und hoch, können während des Fluges aber gesteuert werden und so der Flug- und Raketenabwehr ausweichen. Sie können mit einem bis zu 480 Kilogramm schweren Sprengkopf ausgestattet werden. Auch ein nuklearer Sprengkopf ist möglich. Abgefeuert werden die Geschosse aus der Luft von einem Kampfjet aus.

Während Russland behauptet, die "Kinschal" könne mit bis zu zehnfacher Schallgeschwindigkeit (Mach 10), also etwa 12.350 km/h, fliegen, gibt es daran im Westen jedoch Zweifel: In einem NATO-Dokument aus dem November 2020 heißt es, es sei möglich, dass sie nicht schneller als Mach 5 fliegen könne. Zum Vergleich: Ein herkömmlicher Marschflugkörper vom Typ Tomahawk fliegt beispielsweise nur rund 900 km/h schnell.

Rakete schaffe strategische Unsicherheit

In einem Bericht der Münchner Sicherheitskonferenz im Jahr 2019 hieß es: "Hyperschallraketen mit ihrer neuartigen Kombination von Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit können alle gegenwärtigen Raketenabwehrsysteme überwinden und verkürzen radikal die Reaktionszeit des angegriffenen Akteurs."

Im Westen werden die Raketen mit großer Sorge gesehen, vor allem, weil sie strategische Unsicherheit schaffen: Im Falle eines Angriffs in Westeuropa sei unklar, ob eine konventionelle Rakete so schnell auf das Ziel zufliege, oder es ein nuklearer Angriff sei.

Auch andere Staaten, darunter die USA und China, arbeiten an der Entwicklung von Hyperschallraketen.

Pentagon: Einsatz in der Ukraine kein Wendepunkt

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin wollte die von Russland behaupteten beiden Einsätze in der Ukraine weder bestätigen noch kommentieren. Die USA betrachteten sie aber nicht als "Game-Changer", also Wendepunkt des Krieges, sagte Austin dem US-Fensehsender CBS. Dass Russland Hyperschallraketen abfeuere, könne nach Austins Einschätzung darauf abzielen, "eine gewisse Dynamik wiederherzustellen."

Weil der Vormarsch der russischen Truppen stocke, hätten sie ihre Taktik geändert und nähmen zunehmend Zivilisten ins Visier, sagte Austin. Russland habe "Städte und Zivilisten direkt angegriffen, und wir erwarten, dass das so weitergeht." Die ukrainische Armee stelle die russischen Streitkräfte "vor erhebliche Probleme".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 21. März 2022 um 08:00 Uhr.