Rauchschwaden eines russischen Angriffs während eines 36-stündigen Waffenstillstands.

Krieg gegen die Ukraine Russland erklärt Waffenruhe für beendet

Stand: 08.01.2023 04:49 Uhr

Russland hat die ausgerufene 36-stündige Waffenruhe für beendet erklärt. Der Kreml werde seine Angriffe bis zum Sieg über die Ukraine fortsetzen. Kiew meldete den Beschuss mehrerer Ortschaften - es gebe auch Tote.

Russland hat die für 36 Stunden ausgerufene Waffenruhe während des orthodoxen Weihnachtsfestes für beendet erklärt. Moskau kündigte erneut an, seine sogenannte "militärische Spezialoperation" bis zum Sieg über die Ukraine fortzusetzen.

Kurz nach Mitternacht Moskauer Zeit meldete der Gouverneur der ukrainischen Region Charkiw über den Kurznachrichtendienst Telegram Bombenangriffe, bei denen mindestens ein Mensch getötet worden sei.

Der ukrainische Generalstab teilte mit, die russischen Truppen hätten zuvor Marschflugkörper eingesetzt, 20 Raketensalven abgefeuert und Wohngebiete im Nordosten, Osten und Süden des Landes ins Visier genommen. Die ostukrainische Stadt Tschassiw Jar war den gesamten Vormittag heftigem Artilleriebeschuss ausgesetzt, berichteten AFP-Journalisten vor Ort. Die wenigen noch verbliebenen Bewohner zogen es deshalb vor, die Weihnachtsmesse statt in der Kirche in einem Schutzkeller zu feiern.

Schwere Kämpfe um Bachmut

Aus der Region Luhansk meldete Gouverneur Serhij Haidai andauernden Beschuss und Angriffe. In den ersten drei Stunden der von Putin angekündigten Feuerpause seien ukrainische Stellungen 14 Mal beschossen worden, außerdem habe es drei Sturmangriffe gegeben. Haidais Angaben ließen sich nicht von unabhängiger Seite überprüfen.

Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: von Russland annektierte Gebiete.

Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete.

Luftalarm in zahlreichen Städten

Auch rund um die ostukrainische Stadt Charkiw meldeten die Behörden mehrere Explosionen. "Achtung an die Einwohner von Charkiw und der Region: Bleiben Sie in Schutzräumen. Die Besatzer schlagen wieder zu!", schrieb Gouverneur Oleh Synehubow am Samstagabend auf Telegram. Ersten Informationen zufolge gebe es ein Todesopfer, hieß es von Synehubow weiter.

Auch in den Gebieten Poltawa, Dnipropetrowsk, Saporischschja, sowie auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim wurde fast unmittelbar nach 22.00 Uhr MEZ Luftalarm ausgerufen.

Selenskyj: Waffenruhe gescheitert

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte die von Putin angeordnete Feuerpause für gescheitert. "Die Welt konnte einmal mehr sehen, wie falsch Aussagen aus Moskau auf jeder Ebene sind", sagte er in seiner Videobotschaft am Samstagabend - kurz bevor der von Putin genannte Zeitraum der versprochenen Waffenruhe offiziell enden sollte.

"Sie haben irgendetwas von einem angeblichen Waffenstillstand gesagt, doch die Realität ist, dass russische Geschosse erneut Bachmut und andere ukrainische Positionen getroffen haben", so Selenskyj weiter.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Geheimdienst: Schwere Kämpfe um Kreminna

Nach Einschätzung britischer Geheimdienste gehen die Kampfhandlungen auf dem üblichen Niveau weiter. Eine der am härtesten umkämpften Gegenden sei weiterhin die um die Stadt Kreminna in der Region Luhansk, hieß es dem täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. "In den vergangenen drei Wochen haben sich die Kämpfe rund um Kreminna auf das dicht bewaldete Gebiet westlich der Stadt konzentriert."

Da die Wälder selbst im Winter einen gewissen Sichtschutz vor der Beobachtung aus der Luft böten, hätten beide Seiten sehr wahrscheinlich Schwierigkeiten, den Artilleriebeschuss genau einzustellen. In den Waldgebieten kämen wie üblich vor allem Infanteristen zum Einsatz - Soldaten also, die vorrangig zu Fuß und auf kurze Distanz kämpfen.

Weihnachtsmesse im Höhlenkloster

Überschattet von der Invasion Russlands hielt die Orthodoxe Kirche der Ukraine erstmals eine Weihnachtsmesse im berühmten Höhlenkloster in Kiew ab. Ihr Oberhaupt, Metropolit Epiphanius, betonte, "trotz des Krieges und der schrecklichen Prüfungen für das ukrainische Volk feiern wir Weihnachten und glauben an den Sieg des Guten über das Böse". Die Ukraine werde gewinnen. Den russischen Angriffskrieg gegen sein Land verurteilte er.

Die ukrainische Regierung hatte der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) zum Jahreswechsel ihre Hauptkathedrale in dem weltbekannten Kloster entzogen. Die Regierung unterstützt die Orthodoxe Kirche der Ukraine und beschuldigt wiederum Geistliche der UOK der Kollaboration mit Russland.

Rebecca Barth, WDR, zzt. Kiew, 08.01.2023 10:21 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 07. Januar 2023 um 20:00 Uhr und Inforadio am 08. Januar 2023 um 08:03 Uhr.