Frank-Walter Steinmeier und Wolodymyr Selenskyj in Kiew.

Steinmeier trifft Selenskyj Ein klares Signal an Moskau

Stand: 25.10.2022 20:56 Uhr

Bundespräsident Steinmeier und der ukrainische Präsident Selenskyj haben beim Ukraine-Besuch des deutschen Staatsoberhauptes zur Bildung von Städtepartnerschaften aufgerufen. Das bringe Deutschland, die Ukraine und Europa stärker zusammen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj haben vor dem Hintergrund der russischen Invasion der Ukraine zur Bildung deutsch-ukrainischer Städtepartnerschaften aufgerufen.

Solche Verbindungen trügen "entscheidend dazu bei, unser gemeinsames Europa aufzubauen und zu stärken", heißt es in einem am Abend anlässlich Steinmeiers Besuch in der Ukraine veröffentlichen Appell der beiden Präsidenten.

"Kommunale Partnerschaften bieten eine Grundlage für gelebte Solidarität im Angesicht des Krieges; sie legen das Fundament für eine gemeinsame Zukunft", hieß es in einer Mitteilung. "Sie senden ein klares Signal an Moskau: Euer Krieg wird uns nicht spalten - er wird uns noch näher zusammenbringen, als Deutsche, Ukrainer und als Europäer." Derzeit gibt es mehr als 100 Städtepartnerschaften mit der Ukraine, die aber unterschiedlich stark gepflegt werden. 34 wurden nach Beginn des Krieges neu geknüpft.

Selenskyj dankt Deutschland für Unterstützung

Selenskyj dankte Deutschland auch für die Unterstützung seines Landes . Damit trage die Bundesrepublik zum Frieden in der Ukraine bei. Dies sei "groß und historisch wichtig". Selenskyj erwähnte insbesondere die Lieferung des Flugabwehrsystems Iris-T aus Deutschland. Er hoffe, dass davon weitere Systeme kommen werden. Dies habe für sein Land "wirklich Priorität".

Selenskyj würdigte auch die Bereitschaft Deutschlands, die Energie-Resilienz der Ukraine zu stärken. Große Teile der Strom- und Fernwärme-Netze sind durch russische Raketenangriffe beschädigt worden.

Steinmeier betonte, er habe gerade angesichts der "niederträchtigen Angriffe" Russlands in die Ukraine kommen wollen. Er versicherte den Ukrainerinnen und Ukrainern: "Wir sind auf eurer Seite. Wir unterstützen euch. Wir werden euch weiter unterstützen." Dies gelte wirtschaftlich, politisch und auch militärisch und zwar so lange, wie es notwendig sei. Er bewundere die Menschen in der Ukraine "für den Mut, für die Unbeugsamkeit, für die Tapferkeit" angesichts des russischen Angriffskrieges.

Bundespräsident Steinmeier trifft Selenskyj in der Ukraine

Vassili Golod, WDR zzt. Kiew, tagesthemen, tagesthemen, 25.10.2022 22:15 Uhr

"Unterstützung bei Anpassungen an EU-Standards"

Die von Steinmeier und Selenskyj vorgeschlagenen deutsch-ukrainischen Städtepartnerschaften sollten den beiden Präsidenten zufolge "zur zukünftigen EU-Mitgliedschaft der Ukraine" beitragen. Das "Teilen von Best Practices der EU" und die "Unterstützung bei Anpassungen an EU-Standards" könnten "den europäischen Weg der Ukraine stärken". Kommunale Partnerschaften seien "im Zentrum unserer bilateralen Zusammenarbeit", hieß es weiter.

Dem gemeinsamen Appell zufolge übernimmt Bundespräsident Steinmeier zudem die "symbolische Schirmherrschaft" für Vorhaben zur Entwicklung und zum Wiederaufbau in der nordukrainischen Region Tschernihiw. 

Steinmeiers überraschender Ukraine-Besuch

Steinmeier war am Dienstag überraschend zu einem Besuch in der Ukraine eingetroffen und hatte dort seine Solidarität mit den Menschen im Land bekundet.  Es ist der erste Besuch Steinmeiers in der Ukraine seit Kriegsbeginn. 

Bereits Mitte April hatte er ursprünglich mit seinen Kollegen aus Polen und den drei baltischen Staaten nach Kiew reisen wollen. Der Bundespräsident, der als Außen- und Kanzleramtsminister die frühere deutsche Russland-Politik entscheidend mitgeprägt hat, wurde dann aber von Kiew kurzerhand ausgeladen - was auf deutscher Seite für erhebliche Verstimmung sorgte.

Steinmeier trifft Klitschko in Kiew

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte sich zuvor in der Hauptstadt Kiew auch mit Bürgermeister Vitali Klitschko. Er ließ sich von diesem die Folgen der jüngsten russischen Luftangriffe zeigen, zum Beispiel ein zerstörtes Wohnhaus. "Das ist ein historisches Zentrum. Hier gibt es kein Militär", sagte Klitschko. Es habe auch einen Treffer auf einem Kinderspielplatz gegeben. "Zum Glück waren keine Kinder da."

Klitschko berichtete von Angriffen auf die Energie-Infrastruktur. Er sagte voraus, dass viele Ukrainer im Winter frieren werden. Durch den Treffer auf das Wohnhaus wurden am 17. Oktober vier Menschen getötet, unter ihnen eine schwangere Frau.

Andrea Beer, WDR, zzt. Kiew, 26.10.2022 05:19 Uhr