
Besuch in London Selenskyj fordert "Flügel für die Freiheit"
Bei einem unangekündigten Besuch in London hat der ukrainische Präsident Selenskyj seine Forderung nach Kampfjet-Lieferungen erneuert. Am Abend reist er nach Paris weiter - und trifft dort auch Bundeskanzler Scholz.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei einem überraschenden Besuch in London die Verbündeten seines Landes einmal mehr zur Lieferung von Kampfflugzeugen aufgefordert. "Ich richte an Sie und die Welt den Appell ... für Kampfflugzeuge für die Ukraine, Flügel für die Freiheit", sagte Selenskyj in Westminster Hall vor Mitgliedern beider Kammern des britischen Parlaments.
In seiner Rede rief Selenskyj neben seiner erneuten Forderung nach der Lieferung von Kampfflugzeugen auch zu stärkeren Sanktionen gegen Moskau auf, "bis Russland der Möglichkeiten beraubt ist, diesen Krieg zu finanzieren".
Großbritannien will Lieferung prüfen
Premierminister Rishi Sunak will nach Angaben der Downing Street nun prüfen lassen, ob Kampfflugzeuge für die Ukraine verfügbar sind. Der Premierminister habe Verteidigungsminister Ben Wallace um Prüfung gebeten, was für Maschinen das Vereinigte Königreich theoretisch an die Ukraine liefern könnte, hieß es. Es handele sich aber um eine "langfristige" Lösung. Bereits im Frühling könnten die ersten ukrainischen Piloten an NATO-Jets in Großbritannien ausgebildet werden.
Zuvor hatte London erklärt, eine Lieferung britischer Flugzeuge sei nicht geeignet. Zugesagt worden waren bisher aber Kampfpanzern des Typs "Challenger 2". Sunak erklärte nun, dass 10.000 ukrainische Soldaten in Großbritannien ausgebildet werden sollen, unter anderem auch an NATO-Kampfjets.
Großbritannien gehört zu den größten militärischen Unterstützern der Ukraine. Die Lieferungen von Waffen und Gerät belaufen sich bislang auf mehr als zwei Milliarden Pfund (2,24 Milliarden Euro).
Sunak empfängt Selenskyj am Flughafen
Selenskyj war am Vormittag an Bord eines Flugzeugs der britischen Luftwaffe auf dem Londoner Flughafen Stansted gelandet, wo er von Sunak begrüßt wurde. Der Premier bezeichnete den Besuch in London als "Zeugnis für den Mut, die Entschlossenheit und den Kampfgeist seines Landes und Zeugnis der unerschütterlichen Freundschaft unserer beiden Länder".
Selenskyj nutzte den überraschenden Besuch auch, um den Briten für ihre Unterstützung im Kampf gegen die russische Invasion von "Tag eins" an zu danken. Auf Instagram schrieb er, Großbritannien sei eines der ersten Länder gewesen, die der Ukraine zu Hilfe eilten. Deshalb sei er nun in London, um dem britischen Volk und dem Premierminister persönlich seinen Dank auszusprechen.
Nach dem Treffen mit Sunak und den britischen Parlamentariern wurde der ukrainische Präsident von König Charles III. im Buckingham Palast empfangen.
Am Abend Treffen mit Scholz und Macron
Nach dem Stopp in London wird Selenskyj am Abend Bundeskanzler Scholz und den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris treffen. Das bestätigte der Elysée-Palast. Es wird erwartet, dass der ukrainische Präsident anschließend nach Brüssel reist, um dort am EU-Gipfel teilzunehmen.
Macron und Scholz hatten Selenskyj im Juni zusammen in Kiew besucht und ihm dort ihre Unterstützung für den EU-Kandidatenstatus zugesagt. Für Selenskyj ist es die zweite Auslandsreise seit dem russischen Angriff auf die Ukraine vor einem Jahr. Die erste führte ihn nach Polen und in die USA.