
Inhaftierter Blogger Belarus zeigt Protassewitsch-Interview
In einem Interview mit dem belarusischen Staatsfernsehen äußert sich der Blogger Protassewitsch nach seiner Festnahme auffällig regierungsfreundlich. Angehörige sehen darin das Ergebnis von Folter.
In Belarus hat das Staatsfernsehen erstmals ein langes Interview mit dem inhaftierten Regierungskritiker Roman Protassewitsch gezeigt. Der 26 Jahre alte Blogger gab in dem Gespräch mit dem Sender "ONT" zu, Proteste gegen Machthaber Alexander Lukaschenko organisiert zu haben. Zugleich sagte er, dass er Lukaschenko bewundere.
Eltern vermuten Misshandlungen
Seine in Polen lebende Mutter Natalia Protassewitsch bezeichnete das Interview als Ergebnis von Folter im Gefängnis. "Ich kann mir nicht einmal vorstellen, welchen Foltermethoden - sowohl psychischen als auch physischen - mein Sohn momentan ausgesetzt ist", sagte die 46-Jährige der Nachrichtenagentur dpa. "Eine größere Qual kann man als Mutter vermutlich nicht erleiden."

Ein vom belarusischen Sender "ONT" zur Verfügung gestelltes Bild zeigt Protasewitsch während des Interviews. Seine Eltern vermuten, dass er gefoltert wurde. Bild: dpa
Mit teils zitternder Stimme hatte Protassewitsch in dem anderthalbstündigen Gespräch auch Anschuldigungen gegen andere Mitglieder der belarussischen Opposition erhoben. Möglich ist, dass der Regierungskritiker unter Druck gesetzt wurde. Protassewitschs Eltern hatten bereits zuvor schon die Vermutung geäußert, dass ihr Sohn im Gefängnis misshandelt und zu Aussagen gezwungen werde.
Tichanowskaja nennt Interview Ergebnis von Folter
Auch für Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja steht fest: Das nun vom Staatsfernsehen ausgestrahlte Interview Protasewitschs ist unter Folter zustande gekommen. "Mithilfe von Gewalt kann man Menschen dazu bringen, das zu sagen, was man will", sagte sie in Warschau. Es habe zuletzt viele Videos gegeben, in denen belarusische Oppositionelle sich selbst beschuldigten und ihre Aktionen bereuten. Diese Aufnahmen entstünden immer unter Druck. Daher hätten die Aussagen keine Bedeutung. "Die Aufgabe eines politischen Gefangenen ist, zu überleben."
Lukaschenko hatte vor knapp zwei Wochen ein Passagierflugzeug in Minsk zur Landung gezwungen und Protassewitsch sowie dessen Freundin verhaften lassen. Der Vorfall hat den Konflikt zwischen der ehemaligen Sowjetrepublik und dem Westen verschärft. Die EU und die USA verhängten neue Sanktionen gegen Belarus.