Protest einer Gruppe von Menschen vor dem Sitz des INPS in Neapel gegen die Aussetzung des Grundeinkommens.

Per SMS informiert Zehntausende Italiener erhalten kein Bürgergeld mehr

Stand: 01.08.2023 15:21 Uhr

Italiens Regierung hat die Zahl der Leistungsempfänger beim Bürgergeld drastisch eingeschränkt. 169.000 Haushalte müssen seit heute auf die Grundsicherung verzichten. Kritiker sprechen von einer "sozialen Katastrophe".

Ab heute wird Hunderttausenden Italienern die Sozialhilfe gestrichen. Medienberichten zufolge sind rund 169.000 Haushalte von der drastischen Kürzung des sogenannten Bürgergelds betroffen. Die Bezieher wurden am vergangenen Freitag per SMS darüber informiert.

Das Bürgergeld erhalten von nun an nur noch Haushalte, in denen Minderjährige, Menschen mit Behinderung oder Senioren älter als 65 Jahre leben. Die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte strengere Voraussetzungen für den Bezug der Sozialhilfe beschlossen, die ab dem 1. August greifen.

Proteste im Süden des Landes

Beobachtern zufolge könnte das Bürgergeld im Spätsommer für weitere 80.000 Haushalte ausgesetzt werden. Insbesondere der Süden des Landes ist von den neuen Maßnahmen betroffen. Neapel ist etwa die Stadt mit den meisten Beziehern des Bürgergelds. Gewerkschaften und Aktivistengruppen riefen zu Protesten gegen die Kürzung auf.

In einigen Städten im Süden protestierten Menschen vor den Stellen der Sozialbehörde INPS. Am Montag stürmte auf Sizilien ein arbeitsloser Mann laut Medienberichten in der Gemeinde Terrasini in das Büro des Bürgermeisters, vergoss Benzin und drohte, alles in Brand zu setzen. Er konnte gestoppt werden.

2019 war das Bürgergeld eingeführt worden

Oppositionspolitiker kritisierten den Schritt der Regierung scharf. Ex-Regierungschef Giuseppe Conte, der das Bürgergeld 2019 einführte, bezeichnete den Schritt als "ideologischen Krieg", der auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werde. Kritiker befürchten eine "soziale Katastrophe". Für Empörung sorgte, dass die Kürzung per Textnachricht mitgeteilt wurde.

Melonis Rechtsregierung war das Bürgergeld ein Dorn im Auge. Sie will die Zahl der Leistungsempfänger und die Ausgaben für die Unterstützung massiv reduzieren. Die rechten Parteien behaupteten immer wieder, dass das Bürgergeld denjenigen, die arbeiten könnten, keinen Anreiz geboten habe, tatsächlich zu arbeiten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. August 2023 um 10:00 Uhr.