Edi Rama und Giorgia Meloni

Albanien Kritik an Migrations-Deal mit Italien

Stand: 07.11.2023 11:53 Uhr

Italien will in Albanien Aufnahmezentren für Migranten errichten, die über das Mittelmeer gekommen sind. Die Vereinbarung mit Ministerpräsident Rama sorgt vor allem in Albanien für heftige Kritik.

Ein mit Italien vereinbartes Migrationsabkommen stößt in Albanien auf Widerstand. Der albanische Ministerpräsident Edi Rama hatte am Montag bei einer Pressekonferenz mit seiner italienischen Amtskollegin Giorgia Meloni in Rom angekündigt, von Italien betriebene Aufnahmezentren für Mittelmeer-Migranten errichten zu wollen. Beide Seiten unterzeichneten eine entsprechende Absichtserklärung.

Konservative Gruppen in dem Westbalkan-Land riefen zu Protesten auf. Das Abkommen sei "ohne Parlamentsdiskussion, politische Einigung, jegliche Analyse und öffentliche Transparenz" geschlossen worden, kritisierte Oppositionspolitiker Belind Kellici.

Rama wolle Albanien in ein "Zentrum für illegale Immigranten in Europa" verwandeln, wird ein weiterer Gegner der Vereinbarung in örtlichen Medien zitiert. Neben Geflüchteten aus dem Iran und aus Afghanistan Land werde sich Albanien künftig auch mit "afrikanischen und asiatischen Migranten auf ihrem Weg nach Italien" auseinandersetzen müssen, sagte der Analyst Lutfi Dervishi.

Schnellere Rückführungen ermöglichen

Um die irreguläre Migration über das Mittelmeer von Nordafrika nach Europa einzuschränken, will Italien in Albanien zwei Aufnahmezentren für Migranten errichten. In den Aufnahmezentren sollen Asylanträge geprüft und, wenn nötig, schnellere Rückführungen ermöglicht werden.

Die Vereinbarung zielt ausschließlich auf Migranten ab, die sich auf Booten über das zentrale Mittelmeer auf den Weg nach Italien machen, sagte Meloni der Zeitung "Il Messaggero". Nach der Rettung auf hoher See sollen sie umgehend in die albanischen Zentren gebracht werden. "Die Einrichtungen werden in der Lage sein, bis zu 3.000 Migranten gleichzeitig aufzunehmen." Das Abkommen gilt demnach nicht für Minderjährige und schwangere Frauen.

Meloni: Vorbild für ähnliche Abkommen

Die Zentren sollen von Italien verwaltet werden und bereits im kommenden Jahr betriebsbereit sein. Albanien werde bei der Überwachung der Einrichtungen mitwirken. Die Vereinbarung zwischen Italien und Albanien könnte laut Meloni ein Vorbild für ähnliche Abkommen mit anderen Ländern sein. "Tatsächlich glaube ich, dass es zu einem Modell für die Zusammenarbeit zwischen EU-Ländern und Nicht-EU-Ländern bei der Steuerung der Migrationsströme werden kann."

Kritik auch von italienischer Opposition

Auch die italienische Opposition kritisierte die Vereinbarung. Sie scheine gegen internationales und europäisches Recht zu verstoßen, sagte die sozialdemokratische Oppositionspolitikerin Elly Schlein.

In Italien wird seit längerer Zeit über hohe Migrationszahlen über die Mittelmeerroute diskutiert. Nach Angaben des Innenministeriums in Rom kamen dieses Jahr bis Anfang November mehr als 144.700 Menschen auf Booten an. Im Vorjahreszeitraum waren es etwa 87.300 gewesen.

Auch in Deutschland wird derzeit darüber debattiert, ob Asylverfahren außerhalb der EU durchgeführt werden könnten. SPD-Parteichef Lars Klingbeil zeigte sich offen dafür, dass im Rahmen von "Migrationspartnerschaften" Verfahren dort begonnen werden könnten. Bisher sind meist die EU-Außenstaaten für die Registrierung von Asylbewerbern zuständig. De facto reisen aber viele Migranten nach Deutschland weiter, um hier einen Asylantrag zu stellen.

Jörg Seisselberg, ARD Rom, tagesschau, 07.11.2023 17:35 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 07. November 2023 um 07:04 Uhr.