
Folgen des Ukraine-Kriegs Russland stellt Gaslieferung an Polen ein
Von Mittwoch an will der russische Konzern Gazprom kein Erdgas mehr an Polen liefern. Der polnische Ministerpräsident Morawiecki spricht von einem möglichen Erpressungsversuch Moskaus - sein Land sei aber vorbereitet.
Russland wird alle Erdgaslieferungen an Polen einstellen. Ab Mittwoch sollen keine Lieferungen an Polen mehr erfolgen, teilte der polnische Erdgaskonzern PGNiG in Warschau mit. Man sei durch den russischen Erdgaskonzern Gazprom informiert worden. Dies sei ein Vertragsbruch, für den Schadenersatz verlangt werden könne, so PGNiG. Der Konzern werde zudem Schritte einleiten, um die Gaslieferung entsprechend der Vertragsvereinbarungen zu sichern. PGNiG hat mit Gazprom langfristige Verträge, die dieses Jahr auslaufen.
Russland hatte gedroht, europäischen Ländern den Gashahn zuzudrehen, wenn sie ihre Einfuhren nicht wie seit März gefordert in Rubel bezahlen. Polen erklärte daraufhin mehrfach, der Forderung nicht nachkommen zu wollen. Die Europäische Kommission hat ihrerseits Gasimport-Unternehmen in der EU aufgefordert, weiterhin in der vertraglich vereinbarten Währung zu zahlen. In 97 Prozent der Fälle sind das Euro oder Dollar.
Sanktionen gegen Russland
Gazprom steht auf einer jüngst veröffentlichten Liste russischer Unternehmen und Oligarchen, deren Vermögenswerte nach einem neuen Sanktionsgesetz eingefroren werden können. Polen leitete diese Strafmaßnahmen unabhängig von Sanktionen ein, die die EU-Länder gemeinsam gegen Russland verhängt hatten. Weitere mögliche Energiesanktionen gegen Russland sind geplant. Anfang August tritt in der EU ein Kohle-Embargo gegen Russland in Kraft. Einige EU-Mitgliedstaaten fordern eine Ausweitung des Embargos auch auf russisches Öl und Gas.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte bei einem Besuch in Warschau, er gehe davon aus, dass Deutschland die Unabhängigkeit von Öllieferungen aus Russland innerhalb weniger Tage erreichen könne.
Morawiecki: Könnte Erpressungsversuch sein
Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte zuvor - nach einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin - gesagt: "Wir haben Drohungen von Gazprom erhalten, die Gaslieferungen einzustellen." Vielleicht versuche Russland, Polen auf diese Weise zu erpressen.
Polen habe sich aber im Vorfeld auf die Diversifizierung der Gasversorgung vorbereitet. Die Wirtschaft sei nicht gefährdet. Die Gasspeicher seien zu 76 Prozent voll. Nach Deutschland fließt über die Jamal-Pipeline meistens kein Gas aus Russland.
Polen versucht bereits seit Jahren, seine traditionell hohe Abhängigkeit von Öl- und Gaslieferungen aus Russland zu verringern. Noch im Oktober und damit zu Beginn der nächsten Heizperiode soll die Baltic Pipe in Betrieb gehen - ein Konkurrenzprodukt zur umstrittenen deutsch-russischen Gasröhre Nord Stream - und norwegisches Gas via Dänemark nach Polen leiten.
Mit Informationen von Jan Pallokat, ARD-Studio Warschau