Hans Leijtens

EU-Grenzschutzagentur Niederländer wird neuer Frontex-Chef

Stand: 20.12.2022 17:03 Uhr

Die durch mehrere Skandale in die Kritik geratene EU-Grenzschutzagentur Frontex erhält einen neuen Exekutivdirektor: den niederländischen General Leijtens. Er folgt auf den zurückgetretenen Franzosen Leggeri.

Von Matthias Reiche, ARD-Studio Brüssel

Hans Leitjens ist Kommandeur der niederländischen Militärpolizei, diente unter anderem in Afghanistan und hat Frontex im Verwaltungsrat immer wieder kritisiert. Die Agentur stehe am Scheideweg, wie der neue Exekutivdirektor bei seiner Bewerbungsrede vor den EU-Parlamentariern im November erklärte: "Die Situation an den EU-Außengrenzen ist herausfordernd. Viele Mitgliedsländer müssen mit einer wachsenden Zahl von Flüchtlingen zurechtkommen."

Matthias Reiche ARD-Studio Brüssel

Der neue Exekutivdirektor müsse Frontex deshalb fit für die Aufgaben der Zukunft machen. "Ich habe mich dafür beworben, weil ich beunruhigt bin, dass Frontex seine Möglichkeiten als Agentur für Grenz-und Küstenschutz bisher nicht ausschöpft", hatte Leijtens erklärt.

Grundrechte schützen als "Teil der Aufgabe"

Irreguläre Migration sei eine der großen Herausforderungen der EU und Frontex deshalb wichtiger als je zuvor, zeigte sich Leijtens überzeugt. Es gehe um effektiven Schutz der Außengrenzen, die Rückführung von nicht bleibeberechtigten Personen und den Kampf gegen die grenzüberschreitende Kriminalität. Dabei stünden die Grenzschutzbeamten häufig professionell ausgerüsteten Waffen-, Drogen- und Menschenschmugglern gegenüber.

Der 59-jährige Leitjens kennt die Situation an den EU-Außengrenzen von zahlreichen Einsätzen: "Es geht dort sehr brutal und gewalttätig zu. Ich sehe es als meine persönliche Mission, die grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen und Frontex zu einer professionellen Agentur zu machen, die in der Lage und willens ist, einen guten Job an der Grenze zu machen", sagte er im November.

"Die Einhaltung von Menschenrechten ist da kein Widerspruch, sondern Teil der Aufgabe. Denn die Grundrechte gehören zu uns als europäische Gemeinschaft, und die Einhaltung dieser Werte liegt auch in unserer Verantwortung."

Zwei Gegenkandidatinnen

Der Niederländer setzte sich gegen zwei Mitbewerberinnen durch: die bisherige Interimsdirektorin von Frontex, Aija Kalnaja, der viele eine zu große Nähe zum von Korruption und Betrug geprägten ehemaligen Führungssystem anlasteten.

Gegen die Kroatin Terezija Gras sprach, dass sie als Staatssekretärin im kroatischen Innenministerium immer wieder mit gewaltsamen Zurückweisungen, sogenannten Pushbacks, in Verbindung gebracht wird. Den Vorwurf, solche Pushbacks in der Vergangenheit selbst geduldet und verschleiert zu haben, würde Frontex gern vergessen machen.

Leijtens vor großer Aufgabe

Für den Neuanfang musste jemand mit einer weißen Weste kommen, sagt Lena Dupont, innenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament: "Aus meiner Sicht ist mit Hans Leijtens ein Kandidat gewählt worden, der sowohl in operativer Hinsicht als auch im Bereich Managementerfahrung einer ja durchaus komplexen Agentur auch in einem politisch nicht ganz unumstrittenen Feld die nötigen Erfahrungen mitbringt, um die Agentur in ruhige Fahrwasser zu begleiten."

Die Erwartungen an den neuen Exekutivdirektor sind hoch. Er muss die ersten positiven Veränderungen der vergangenen Monate schnell weiterentwickeln. Sein wahrscheinlich wichtigstes Projekt wird der Aufbau einer ständige Reserve aus 10.000 Grenzschützern, die ab 2027 an den Außengrenzen patrouillieren sollen.

Über dieses Thema berichtete BR24 am 20. Dezember 2022 um 16:50 Uhr.