Bergung der Bugklappe der "Estonia" (Archivbild: 18.11.1994) | AP

Verstoß gegen Grabfrieden "Estonia"-Filmer freigesprochen

Stand: 08.02.2021 12:15 Uhr

Die Filmemacher, die wegen Aufnahmen der gesunkenen Fähre "Estonia" vor Gericht standen, sind freigesprochen worden. Sie könnten nicht bestraft werden, weil der Verstoß gegen den Grabfrieden von deutschem Territorium ausgegangen sei, so die Richter.

Im Prozess um aufsehenerregende Funde an der 1994 gesunkenen Ostsee-Fähre "Estonia" sind zwei Schweden von dem Vorwurf freigesprochen worden, gegen den über dem Wrack verhängten Grabfrieden verstoßen zu haben.

Schiff fuhr unter deutscher Flagge

Wie das Bezirksgericht in Göteborg mitteilte, hätten die beiden Männer zwar mit dem Einsatz eines Tauchroboters und dem Filmen des Wracks Handlungen ausgeführt, die nach dem sogenannten Estonia-Gesetz strafbar seien - sie könnten aber nicht verurteilt werden, weil sie dies von einem unter deutscher Flagge fahrenden Schiff aus in internationalen Gewässern getan hätten.

Nach Einschätzung des Gerichts lässt sich das Vorgehen nicht nach dem schwedischen Gesetz bestrafen, da Deutschland nicht an die zwischen Estland, Finnland und Schweden getroffene Grabfriedensvereinbarung gebunden ist. Das deutsche Schiff werde als deutsches Territorium betrachtet.

Behörden sollen Funde untersuchen

Der Dokumentarfilmer Henrik Evertsson und der Wrack-Experte Linus Andersson waren Teil eines Filmteams, das im September 2019 einen Tauchroboter zur "Estonia" herabgelassen hatte. Dabei hatten sie unter anderem ein mehrere Meter großes Loch im Schiffsrumpf entdeckt, wie sie im September 2020 in einer Dokumentationsserie enthüllt hatten. Schweden hat inzwischen gesetzliche Änderungen am Grabfrieden auf den Weg gebracht, damit Behörden die Funde genauer untersuchen können.

Der "Estonia"-Untergang gilt als Europas größte Schiffskatastrophe der Nachkriegsgeschichte. Die Fähre war 1994 mit 989 Menschen an Bord auf dem Weg von Tallinn nach Stockholm in internationalen Gewässern vor der finnischen Südküste gesunken. 852 Menschen starben, nur 137 überlebten. Weil viele der Toten nicht geborgen werden konnten, steht das Wrack als Ruhestätte unter Schutz und darf nicht aufgesucht werden - das legt der Grabfrieden fest. Warum die "Estonia" unterging, konnte bis heute nicht zweifelsfrei geklärt werden.

Ostsee-Fähre Estonia  | dpa

Ein undatiertes Bild der "Estonia" - ihr Untergang am 28. September 1994 wirft noch heute Fragen auf. Bild: dpa

Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 08. Februar 2021 um 14:00 Uhr.