Charlie McConalogue, Luis Planas Puchades, David Clarinval, Piet Adema, Marc Fesneau und Sari Essayah (mittig vorne, von links nach rechts) beim EU-Agrarministertreffen in Brüssel

Treffen der EU-Agrarminister "Feldarbeit statt Papierarbeit"

Stand: 26.02.2024 13:48 Uhr

Pestizide und Flächennutzung: Die EU ist den Bauern bereits entgegengekommen. Minister Özdemir will zudem Bürokratie abbauen. Das Treffen mit seinen Amtskollegen wird dennoch von Protesten begleitet.

An Verständnis für den Protest der Landwirte hat es zu Beginn des EU-Agrarministertreffens in Brüssel nicht gemangelt. Es sei sehr wichtig, die Arbeit der Landwirte zu würdigen, die tagtäglich Nahrungsmittel produzieren, sagte der irische Landwirtschaftsminister Charlie McConalogue. Aber wie diese Würdigung politisch konkret aussehen soll, darüber wird in Brüssel gestritten. Zu vielfältig sind auch die Gründe für den Protest der Bauern in Europa.

"Der Protest klingt langsam ab", Tobias Reckmann, ARD Brüssel, zu Ausschreitungen bei Bauernprotesten

tagesschau24, 26.02.2024 16:00 Uhr

Es geht unter anderem um die Angst vor Billigimporten aus Drittstaaten, den Ärger über zu viele Umweltvorgaben im Rahmen des Europäischen Grünen Deals, aber auch um den Ärger über zu viel Bürokratie.

"Das Statistische Bundesamt hat berechnet: Ein durchschnittlicher Landwirt verbringt ein Viertel seiner Zeit am Schreibtisch", so Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir vor dem Treffen in Brüssel. "Also unser Motto muss sein: Das muss dringend runter. Weg mit überbordender Bürokratie. Konzentration aufs Wesentliche. Feldarbeit statt Papierarbeit ist das Motto der Stunde."

Betriebsbesuche, Flächennutzung, Pestizide

Die EU-Kommission stellte dazu in der vergangenen Woche einige Erleichterungen in Aussicht: Im März will sie zunächst eine Online-Umfrage starten, um zu erfahren, wo Landwirte Verbesserungen erwarten. Zudem schlägt die Behörde vor, eine Reihe von Auflagen zu vereinfachen. Dazu zählt die Verpflichtung, Dauergrünflächen seit dem Referenzjahr 2018 stabil zu halten. Auch will die Kommission die Methodik für Kontrollen vereinfachen. Damit soll die Zahl der Betriebsbesuche um bis zu 50 Prozent gesenkt werden.

Ausschreitungen bei Bauernprotesten während Treffen der EU-Agrarminister in Brüssel

Jakob Rhein, ARD Brüssel, tagesthemen, 26.02.2024 22:15 Uhr

Ebenso setzte die Kommission bereits eine Regelung rückwirkend zum Januar dieses Jahres aus, wonach Landwirte vier Prozent der Ackerfläche ungenutzt lassen müssen, damit sich dort die Natur erholt. Sie dürfen nun diese Fläche verwenden - vorausgesetzt, sie bauen auf einer bestimmten Fläche Zwischenfrüchte an.

Stimmen für grundlegende Reform mehren sich

Darüber hinaus kündigte die EU-Kommission an, ihren Vorschlag für eine strenge Pestizidverordnung wieder zurückzunehmen. Stattdessen will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Bauern- und Umweltverbänden eine ausgewogenere Richtlinie erarbeiten. In der nächsten Legislaturperiode nach der Europawahl im Juni soll es dazu einen neuen Anlauf geben.

So weit die kurzfristigen Maßnahmen. Darüber hinaus mehren sich die Stimmen, die langfristige gemeinsame europäische Agrarpolitik (GAP) zu reformieren. Rund ein Drittel der EU-Ausgaben fallen darin für die Landwirtschaft an. Ein Großteil der Gelder wird über den Hektar verteilt, rund ein Viertel der Direktzahlungen ist an die Erfüllung von Umweltvorgaben geknüpft.

Feuer am Rand der Bauernproteste in Brüssel

Die Proteste in Brüssel verliefen nicht durchweg friedlich.

Lautstarker Unmut auf Brüssels Straßen

Es ist der größte Einzelposten im EU-Haushalt. Jährlich werden rund 55 Milliarden Euro darüber verteilt. Demnächst fangen die Beratungen über die neue siebenjährige Förderperiode ab 2028 an. Er wolle "das sehr klar sagen", so Özdemir: "Man kann die GAP so schreiben, dass es kein Zurücknehmen gibt vom Ambitionsniveau. Aber man kann es klüger machen. Man kann die Digitalisierung nutzen. Man kann sie von überflüssigen Berichtspflichten befreien. Man kann Doppelarbeit reduzieren. Das unterstützen wir."

Wie schon vor einigen Wochen sind auch heute wieder zahlreiche Bauern mit ihren Traktoren nach Brüssel gekommen - und machen lautstark auf ihre Lage aufmerksam.

Paul Vorreiter, ARD Brüssel, tagesschau, 26.02.2024 12:41 Uhr