Vor EU-Sondergipfel Sarkozy isoliert sich mit seiner Libyen-Politik

Stand: 11.03.2011 05:26 Uhr

Auf einem Sondergipfel suchen die EU-Staats- und Regierungschefs heute Konzepte für den Umgang mit Libyen. Sie werden womöglich Staatschef Gaddafi zum Rücktritt auffordern. Doch für die forschen Vorstöße von Frankreichs Präsident Sarkozy ist keine Mehrheit in Sicht.

Von Andreas Reuter, HR-Hörfunkstudio Brüssel

"Gaddafi ist Teil des Problems, nicht Teil der Lösung. Es wird Zeit für ihn zu gehen und das Land dem libyschen Volk zurückzugeben." José Manuel Barroso, der Chef der EU-Kommission, sagte das schon vorige Woche. Dass die 27 Staats- und Regierungschefs sich heute gemeinsam zu einer ähnlich klaren Botschaft durchringen werden, ist durchaus noch nicht ausgemacht.

Keine Chance für Flugverbotszone

Sicher dagegen scheint, dass sie keinen Beschluss für eine Flugverbotszone treffen werden. Schon die Verteidigungsminister der NATO hatten am Vortag des Gipfels betont, dazu sei ein klares Mandat der UNO erforderlich - das ist aber nicht in Sicht. Auch viele der EU-Außenminister hatten Bedenken vorgebracht. "Eine Flugverbotszone, das ist nicht das Aufstellen eines Verkehrsschildes, sondern eine Flugverbotszone, das ist eine militärische Maßnahme", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Es gibt eine ganze Anzahl von Staaten in der EU, die wie Deutschland sagte, "dass man bei solchen Maßnahmen immer das Ende mitbedenken muss. Und am Ende wollen wir nicht als Europa oder als Bundesrepublik Deutschland dauerhafte Kriegspartei in Nordafrika sein."

Wenn Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy heute in Brüssel tatsächlich einen Plan für gezielte Luftangriffe gegen Muammar al Gaddafi vorlegen sollte, wie gestern kolportiert wurde, dürfte er damit im Kreis seiner Kollegen ziemlich allein stehen. Und auch bei der Anerkennung des oppositionellen Nationalrats als legitime Vertretung Libyens dürfte die EU kaum dem gestrigen Alleingang Frankreichs folgen. Westerwelle gab zu bedenken: "Es wird natürlich zunächst einmal zu prüfen sein: Für wen sprechen diese Kräfte? Können sie wirklich den Anspruch erheben, auch für das libysche Volk zu sprechen?"

Neuausrichtung der Mittelmeerpolitik

Stattdessen werden die 27 Staats- und Regierungschefs überlegen, wie sie Gaddafi mit noch schärferen Sanktionen weiter unter Druck setzen können - und dabei obendrein versuchen, die eigene Politik für den Mittelmeer-Raum grundsätzlich neu zu justieren. Was da zurzeit an Europas südlichen Grenzen passiere, sagt Hermann von Rompuy, der ständige EU-Ratspräsident, sei wahrhaft bedeutsam. "Der Europäische Rat wird diskutieren, wie wir der ganzen Region eine positive Perspektive bieten können", sagt er. "Wie wir helfen können, aus diesem arabischen Frühling einen wahrhaft neuen Anfang zu machen. Und das ist auch für Europa von strategischer Bedeutung."

Eine Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand wollen die Europäer den Ländern Nordafrikas anbieten. Und dabei finanzielle Hilfen und wirtschaftliche Erleichterungen viel stärker als bisher an die Bedingung knüpfen, welche Fortschritte das jeweilige Land auf dem Weg zu Demokratie und Freiheit macht. In der Hoffnung, dass auch Libyen bald Teil dieser neuen Mittelmeer-Partnerschaft sein kann. Auch ohne eine militärische Intervention Europas.