EU-Innenminister zu Netz-Propaganda Kampf gegen den digitalen Hass

Stand: 29.01.2015 04:19 Uhr

Nicht erst seit den Anschlägen von Paris sucht Europa nach Wegen, sich vor terroristischer Gefahr zu schützen. In Riga treffen sich heute die EU-Innenminister. Ein Thema: Wie umgehen mit Propaganda im Internet?

Von Christian Feld, ARD Berlin

Soziale Netzwerke wie Twitter, YouTube oder Facebook verbinden Menschen, die Tausende Kilometer voneinander entfernt leben. Sie helfen aber auch dem sogenannten "Islamischen Staat" und anderen Terrorgruppen, Propaganda zu verbreiten oder neue Anhänger zu rekrutieren. Die Inhalte sind zum Teil blanker Hass. Andere Videos wiederum haben die Machart von Computer-Spielen, kommen poppig daher.

Islamisten nutzen Youtube, Facebook und WhatsApp als professionelle Propaganda-Werkzeuge. Der Kampf um die Köpfe ist außerdem interaktiv geworden. So berichtete es auch ein Insider in den tagesthemen. Soziale Medien böten beispielsweise die Möglichkeit, über Videos zu diskutieren: "Dann bleibt man mit den entsprechenden Leuten in Kontakt und ist dann auch täglich von denen umgeben, wenn man nicht mal räumlich vor Ort ist." Ein Problem, mit dem auch die Sicherheitsbehörden konfrontiert sind. Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, sagt: "Die Propaganda verbreitet sich in Windeseile."

Maßnahmen gegen die Propaganda-Flut

Was tun gegen die Propaganda-Flut? Am Mittwoch war Verity Harding von Google zu Gast im Europa-Parlament, um darüber zu diskutieren. Zum amerikanischen Internet-Giganten gehört auch die Video-Plattform YouTube. Nach eigenen Angaben werden dort jede Minute 300 Stunden neues Material hochgeladen. Eine Sichtung vorab sei unmöglich. YouTube setzt vor allem auf seine Nutzer, die Hinweise geben. Am Ende prüft ein firmeneigenes Team, ob Inhalte gegen die Regeln verstoßen. Dann wird gelöscht. Es gebe aber, so Harding, auch schwierige Entscheidungen, Ausnahmen und Grauzonen.

Auch Facebook geht ähnlich vor: Ein eigenes Team reagiert auf Hinweise aus der Community und von Sicherheitsbehörden. "Wir haben speziell geschulte Mitarbeiter, die jedes Benutzerkonto entfernen, das in Verbindung mit IS oder anderen gewalttätigen Gruppen steht", so ein Firmensprecher. Wie groß die Zahl der gelöschten Einträge ist, darüber macht Facebook keine Angaben.

Eine "Suchtruppe" bei Europol?

Welche Rolle sollen dabei nun Regierungen und Sicherheitsbehörden spielen? Ein erster Schritt könnte eine gemeinsame EU-Expertengruppe sein, die das Netz nach entsprechender Propaganda durchsucht. Gilles de Kerchove, der Anti-Terror-Beauftragte der EU, schlägt vor, eine hochqualifizierte "Suchtruppe" bei Europol anzusiedeln. Das letzte Wort beim Löschen hätten aber weiterhin die Internet-Firmen. Die Organisation EDRi, die sich für Bürgerrechte in der digitalen Welt einsetzt, hat hier große Bedenken: "Regierungen denken leider viel zu häufig, dass die Unternehmen im Kampf gegen den Terrorismus im Netz zur Tat schreiten sollten. Eine solche privatisierte Zensur führt unweigerlich zu Einschränkungen der Meinungsfreiheit." Auch Gedankenspiele wie das Verbot von Verschlüsselung stoßen auf Kritik.      

Eine schwierige Debatte: Sicherheit und Bürgerrechte müssen in Balance gebracht werden. Beim Umgang mit der Propaganda im Netz zeigt sich wieder einmal, wie schwierig das ist. Weniger umstritten, aber auch nicht einfach umsetzen ist der Plan der EU, sogenannte Gegen-Erzählungen ("Counter narratives") zu produzieren. Diese Videos sollen anfällige Jugendliche ins Zweifeln bringen und so eine Radikalisierung verhindern.