EU-Gipfel Klimaziele - nur eine Fußnote

Stand: 21.06.2019 09:23 Uhr

Dem Kampf gegen den Klimawandel verpflichtet? Eigentlich wollte sich der EU-Gipfel auf Klimaziele für 2050 verständigen, doch dann wurde daraus nur noch eine Fußnote. Das lag am Widerstand mehrerer osteuropäische Staaten.

Die EU hat sich nicht auf das Ziel der Klimaneutralität 2050 einigen können. Für einen Beschluss wäre Einstimmigkeit notwendig gewesen; vor allem Polen, Ungarn und Tschechien waren aber dagegen. So verständigten sich die 28 EU-Staats- und Regierungschefs nach stundenlangen Beratungen in Brüssel lediglich darauf, die Jahreszahl aus der Abschlusserklärung zu streichen. Allerdings wird in einer Fußnote festgelegt, dass "eine große Anzahl" von EU-Staaten dieses Ziel dennoch anstreben.

EU-Ratspräsident Donald Tusk verwies nach den gescheiterten Verhandlungen darauf, dass "eine große Mehrheit" der Mitgliedstaaten sich zu dem 2050-Ziel bekannt habe. "Aber Einstimmigkeit zu erreichen, war heute unmöglich." Dennoch gebe es Grund genug zu glauben, dass sich dies ändern werde. Kein Land habe dies ausgeschlossen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Donald Tusk auf einem EU-Sondergipfel in Brüssel.

In der Klimapolitik kann sich der EU-Gipfel nicht einigen.

Was heißt Klimaneutralität?

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte zusammen mit sieben anderen Staaten auf dem letzten EU-Gipfel in Sibiu eine Initiative für Klimaneutralität der EU bis 2050 gestartet. Auch die Bundesregierung hatte sich dem später angeschlossen. Klimaneutralität bedeutet, dass die EU dann nicht mehr Treibhausgas produzieren darf, als sie an Ausgleichsmaßnahmen wie Aufforstung oder CO2-Speicherung anbietet. Länder wie Polen, Ungarn oder Tschechien lehnen dies jedoch ab. Die Staaten verwenden in hohem Maße Kohle zur Energieerzeugung und verweisen darauf, dass der CO2-Ausstoß in den westlichen EU-Staaten sehr viel höher sei als im Osten der Union.

Trotz der gescheiterten Verhandlungen gab sich Bundeskanzlerin Angela Merkel optimistisch: Alle Mitgliedstaaten seien der Meinung, "dass wir das Pariser Abkommen einhalten müssen", sagte sie nach den Beratungen. Deshalb glaube sie, dass es "dann doch eine sehr gute Ausgangsposition bei aller Unterschiedlichkeit" geben werde, um beim UN-Gipfel im September "eine herausragende Position für die Europäische Union darstellen zu können und damit auch Vorreiter für den internationalen Klimaschutz sein zu können".

Die Grünen sprechen von einer "Schande"

Die Grünen-Fraktionschefin im Europaparlament, Ska Keller, sprach dagegen von einer "Schande". "Die Staats- und Regierungschefs haben einmal mehr die Dringlichkeit ignoriert und die Zukunft von uns allen in Gefahr gebracht", sagte sie. Greenpeace hatte die EU vor dem Gipfel, der vor allem der Besetzung der EU-Spitzenämter dienen sollte, aufgefordert, Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen. Die EU-Kommission legte bereits im November 2018 eine Strategie für Klimaneutralität der EU bis 2050 vor. Auch UN-Generalsekretär António Guterres verlangt von der Weltgemeinschaft, sich auf das Ziel festzulegen.

Umweltorganisationen kritisierten das Scheitern des 2050-Ziels ebenfalls scharf. 24 Mitgliedstaaten seien dafür gewesen und hätten "zugelassen, dass ihre Entschlossenheit von lediglich drei Blockierern - Polen, Tschechien und Ungarn - verwässert wird", erklärte der WWF. Die EU habe sich damit "selbst einen verheerenden Schlag in punkto Klima-Führung versetzt" und "all die Menschen im Stich gelassen, die in den vergangenen Monaten massiv für ein Handeln beim Klima eingetreten sind".

Fußnote wurde erst vergessen

Zusätzlich peinlich für die Gipfelteilnehmer: Die Fußnote zur Klimapolitik wurde zunächst vergessen. In der Gipfelerklärung vom späten Donnerstagabend war von der Fußnote zunächst nichts zu sehen. Ein Sprecher des EU-Rates verschickte kurz darauf eine korrigierte Version und per Twitter den Hinweis: "Jetzt auch mit Fußnote zum Klimawandel."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 21. Juni 2019 um 08:45 Uhr.