EU-Außenminister in Brüssel Kämpferisch und etwas ratlos

Stand: 16.11.2015 20:30 Uhr

Zusammenstehen gegen den Terror des IS: Das ist die Botschaft der EU-Außenminister angesichts der Anschläge von Paris. Doch mit konkreten Antworten tut man sich in Brüssel schwer. Vor allem Bundesaußenminister Steinmeier mahnt zur Besonnenheit.

Von Kai Küstner, ARD-Hörfunkstudio Brüssel.

"Der Terror von Paris ist nicht nur ein Angriff auf Frankreich, er ist ein Angriff auf ganz Europa und seine Werte" - diese Botschaft sendet die EU aus. Folglich fühlt Europa sich dazu aufgefordert, eine Antwort auf die tödliche Gefahr des "Islamischen Staates" (IS) zu finden: "Wir müssen jetzt in dieser Situation mit Besonnenheit mit der entstandenen Lage umgehen", mahnte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Brüssel.

Bereits wenige Stunden nach den tödlichen Angriffen sprach Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande von einem "Kriegsakt". Was sofort die Frage aufwarf, ob die NATO nicht jetzt den Bündnisfall erklären und in Syrien eingreifen müsste, weil ein Angriff auf einen Staat der Allianz als Angriff auf alle betrachtet werden müsse.

"Das ist eine Debatte, die derzeitig völlig im luftleeren Raum stattfindet. Weil ja innerhalb der französischen Regierung darüber gesprochen worden ist, ob man Artikel 5 des NATO-Vertrags in Anspruch nehmen soll oder nicht. Das ist bisher nicht geschehen. Und deshalb kann ich nicht erkennen, dass wir uns jetzt auf eine solche Situation zubewegen", sagte Steinmeier.

Was tun gegen den "IS"?

Die Frage aber bleibt: Was können Frankreichs europäische Nachbarn tun, um es im Kampf gegen die mordende Terrormiliz, die sich Islamischer Staat nennt, zu unterstützen? "Wir werden alles dafür tun, dass dieses Geschwür zerplatzt", sagte Jean Asselborn. So kämpferisch drückte es der luxemburgische Außenminister aus.

Vieles deutet darauf hin, dass der militärische Druck auf den IS in Syrien wachsen wird. Frankreich fliegt wieder verstärkt Luftangriffe. Dass die Bundeswehr sich daran beteiligt, gilt aber als unwahrscheinlich. Der deutsche Außenminister hält es auch für so gut wie ausgeschlossen, dass nun Bodentruppen in das Bürgerkriegsland entsandt werden: "Die arabischen Nachbarn haben sich nicht in der Lage gesehen, so etwas in Betracht zu ziehen. Und unter diesen Voraussetzungen ist es noch fernliegender, dass Truppen aus Europa oder anderen Regionen der Welt dort tätig werden", sagte Steinmeier.

Dennoch sei ein militärisches Vorgehen notwendig. Die Deutschen würden die Gegner des "IS" - also kurdische Kämpfer - weiter unterstützen. Aber allein mit Waffengewalt lasse sich der Terror nicht besiegen. "Ich glaube, dass eine friedliche und politische Lösung für den Konflikt in Syrien dem Terror dort ein Stück weit den Nährboden entziehen würde", sagte Österreichs Außenminister Sebastian Kurz.

Fortschritte bei den Friedensgesprächen in Wien

Bei den Friedensgesprächen in Wien waren am Wochenende - sicher auch unter dem Eindruck des Terrors von Paris - eindeutige Fortschritte erzielt worden. Die Teilnehmer, unter anderem saßen die USA, die EU, Russland, der Iran und Saudi-Arabien an einem Tisch, einigten sich auf einen konkreten Fahrplan hin zu einem Waffenstillstand in Syrien, hin zu einer Übergangsregierung und schließlich zu Wahlen. "Das ist etwas, von dem ich auch nicht erwartet hätte, dass es gelingt, dies in einem Dokument festzuschreiben", sagte Steinmeier.

Eine Garantie für baldigen Frieden in Syrien ist das noch lange nicht. Aber es ist ein erster Schritt auf dem Weg dorthin. Wohl wissend, dass es länger dauern wird, den "IS" zu besiegen oder Frieden in Syrien zu erreichen. Die kurzfristige Botschaft, die Europa in diesen Tagen versucht auszusenden, lautet: "Wir stehen an der Seite Frankreichs. Und wir stehen zusammen."

Kai Küstner, Kai Küstner, NDR Brüssel, 16.11.2015 19:48 Uhr