An der neuen Bühne des Bolschoi-Theaters in Moskau weist ein schwarzes Banner auf die Premiere des Balletts "Nurejew" hin.

Stück über homosexuellen Tänzer Bolschoi-Theater streicht "Nurejew"-Ballett

Stand: 20.04.2023 09:43 Uhr

Das Ballett über den Tänzer Rudolf Nurejew wird aus dem Spielplan des Moskauer Bolschoi-Theaters gestrichen. Es verstoße gegen das Verbot von Propaganda "nicht traditioneller Werte", so die Begründung des Intendanten.

Das renommierte Moskauer Bolschoi-Theater hat ein Stück über den legendären homosexuellen Balletttänzer Rudolf Nurejew aus dem Programm genommen. Das Ballett sei wegen des Verbots von Propaganda "nicht traditioneller Werte" aus dem Repertoire entfernt worden, begründete Theaterintendant Wladimir Urin die Entscheidung bei der Vorstellung des Spielplans.

Unsicherheit nach Verschärfung des Gesetzes

Das vom russischen Präsidenten Wladimir Putin im Dezember 2022 unterzeichnete Gesetz verbietet angebliche "Propaganda für nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen" in Werbung, Medien, Online-Veröffentlichungen, Büchern, Filmen und Theaterproduktionen.

Es erweitert ein Verbot aus dem Jahr 2013, das ursprünglich nur auf Kinder abzielte. Verstöße werden mit hohen Geldstrafen geahndet. Homosexualität selbst ist in Russland nicht verboten.

Kulturschaffende und auch Verlage zeigten sich nach der Gesetzesverschärfung unsicher, ob etwa auch Bücher verboten sind, die gleichgeschlechtliche Liebe als gleichwertig darstellen wie Beziehungen zwischen Mann und Frau. Das ist dem neuen Kodex zufolge nicht erlaubt und dürfte zu einer weiteren Zensur auch von Klassikern führen.

Kritik an Putins Politik

Das vielfach ausgezeichnete Stück "Nurejew" von Regisseur Kirill Serebrennikow feierte 2017 Premiere. Es erzählt vom Leben des Ballet-Superstars Rudolf Nurejew, der aus der Sowjetunion floh und im Westen weltberühmt wurde. Das Ballett thematisiert auch, dass der 1993 an Aids gestorbene Tänzer homosexuell war. In der Inszenierung von Serebrennikow werden nackte Körper gezeigt und homosexuelle Szenen gespielt. Männer in Frauenkleidern und auf Stöckelschuhen sind zu sehen und vulgäre Sprache findet einen Platz.

Einige Aufführungen wurden bereits im Mai vergangenen Jahres durch das Bolschoi-Theater abgesagt. Kurz nachdem Putin im Februar 2022 russische Truppen in die Ukraine geschickt hatte, wurde Serebrennikow für schuldig befunden, öffentliche Gelder abgezweigt zu haben.

Seine Unterstützer werteten das Urteil als politisch motiviert, da der Regisseur in seiner Arbeit Autoritarismus und Homophobie unter Putin anprangerte. Serebrennikow hatte auch das militärische Vorgehen Russlands in der Ukraine kritisiert. Seit Mai 2022 lebt er im Exil in Frankreich und Deutschland.

Christina Nagel, Christina Nagel, ARD Moskau, 20.04.2023 13:06 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Kultur am 19. April 2023 um 23:30 Uhr.