Besucher auf Tretbooten im afghanischen Nationalpark Band-e-Amir

Afghanistan Taliban schließen Nationalpark für Frauen

Stand: 28.08.2023 16:06 Uhr

Die Taliban schränken die Rechte von Frauen in Afghanistan weiter ein. Künftig ist ihnen der Besuch des Nationalparks Band-e-Amir untersagt. Sightseeing sei für Frauen kein Muss, so die Taliban.

Sie nennen ihn den Grand Canyon von Afghanistan, aber vielleicht ist er sogar noch schöner. Sandige, zerklüftete Hügel, davor große und kleine Seen, spektakulär ist er und "von natürlicher und einzigartiger Schönheit", wie die UNESCO feststellte: Seit 2009 ist Band-e-Amir Afghanistans erster Nationalpark.

Junge Männer springen in das klare, azurblaue Wasser, Familien fahren mit Tretbooten, Gruppen junger Frauen machen Selfies. Die Bilder der Nachrichtenagentur AFP, die dies zeigen, sind gut vier Wochen alt.

Bislang tausende Besucher

Da kamen sie noch zu Tausenden hier in die Provinz Bamiyan, um sich in diesem heißen Sommer abzukühlen - und Abwechslung vom oft tristen Alltag in Städten wie Kabul zu bekommen.

"Das ist das erste Mal, dass ich Bamiyan besuche", sagte damals Asal Walizada, eine 23-jährige Lehrerin aus der Hauptstadt. "Wir haben entdeckt, wie schön Bamiyan und Band-e-Amir sind. Wir haben Höhlen gesehen, Statuen - alles. Es ist einfach wunderschön."

"Sightseeing für Frauen kein Muss"

Doch damit ist jetzt Schluss. Mohammad Khaled Hanafi verfügte dies am Wochenende. Er leitet das Ministerium zur Verbreitung der Tugend und zur Verhinderung des Lasters.

Frauen hätten keinen Hijab getragen, ihr Gesicht nicht verschleiert. Deshalb sollten Frauen jetzt von Sicherheitskräften bis auf Weiteres daran gehindert werden, in den Nationalpark zu gehen. Sightseeing zu machen sei für Frauen ohnehin kein Muss.

Schwere Kritik

"Jeden Tag gibt es neue Einschränkungen", sagt Safa, eine junge Frau aus Kabul, dem Nachrichtensender Tolonews. "Wir fordern das Islamische Emirat auf, auch Frauen Zugang zu ermöglichen."

Schwere Kritik kommt von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Es sei den Taliban wohl nicht genug, Mädchen und Frauen der Bildung, Arbeit und Bewegungsfreiheit zu berauben. Auch Parks und Sportstätten seien für sie seit längerem verboten.

Jetzt wolle man ihnen sogar die Natur wegnehmen. Was könne es dafür eine andere Erklärung geben als Grausamkeit, fragte eine Vertreterin von Human Rights Watch in einem Tweet.

       

"Suche nach Lösungen"

Dass es im Nationalpark Band-e-Amir bald wieder so sein wird wie noch vor einigen Wochen, dass Frauen aus der Stadt in die Natur kommen dürfen, das scheint unwahrscheinlich.

Tugend-Minister Hanafi deutete zwar in seiner Erklärung an, das Verbot sei nicht dauerhaft und dass man nach einer Lösung suche. Aber genau das haben die Taliban seit ihrer Machtübernahme bei ihren Verboten und Einschränkungen häufiger gesagt.

So suche man Lösungen, wie Mädchen höherer Klassen wieder in die Schule gehen können, hieß es. Das ist fast genau zwei Jahre her - und bis heute müssen die meisten Schülerinnen zuhause bleiben.

Peter Hornung, ARD Neu-Delhi, tagesschau, 28.08.2023 23:52 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 28. August 2023 um 14:05 Uhr.