Menschen schauen sich einen Fernsehbildschirm an, auf dem eine Nachrichtensendung mit Filmmaterial eines nordkoreanischen Raketentests an einem Bahnhof in Seoul gezeigt wird

Nordkorea feuert Raketen ab Rakete kommt Südkorea "so nahe wie nie zuvor"

Stand: 02.11.2022 11:33 Uhr

Seit Beginn des Jahres testet Nordkorea immer wieder Raketen. Nun ist erstmals unweit südkoreanischer Hoheitsgewässer eine Rakete im Meer eingeschlagen. Südkorea reagierte umgehend.

Die Spannungen zwischen Süd- und Nordkorea verschärfen sich. Erstmals ist unweit südkoreanischer Hoheitsgewässer eine nordkoreanische Rakete im Meer eingeschlagen. Das Geschoss überquerte die faktische Seegrenze zwischen den beiden Nachbarn und ging 57 Kilometer vor der Ostküsten-Stadt Sokcho nieder, wie das südkoreanische Militär mitteilte.

Nach Angaben des Militärs kam das Geschoss den südkoreanischen Hoheitsgewässern "so nahe wie nie zuvor" seit Ende des Koreakriegs 1953. Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol nannte den Vorfall ein "faktisches Eindringen" Nordkoreas in südkoreanisches Gebiet. Das südkoreanische Militär erklärte, eine solche Provokation könne niemals hingenommen werden. Man prüfe noch, ob die Flugrichtung beabsichtigt gewesen oder ob eine der Raketen vom Kurs abgekommen sei.

Südkoreas wichtigster Verbündeter, die USA, verurteilte den Abschuss der Rakete über die faktische Seegrenze hinweg als rücksichtslos. Dadurch würden der Frieden und die Stabilität in der Region gefährdet. Russland forderte beide Länder auf, zunehmende Spannungen zu vermeiden und Ruhe zu bewahren. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, alle Parteien sollten Schritte vermeiden, die eine bereits angespannte Situation verschlimmern könnten.

Insgesamt 23 nordkoreanische Raketen

Insgesamt habe Nordkorea mindestens 23 Raketen abgefeuert - zunächst 17 und einige Stunden später weitere sechs. Das waren insgesamt so viele wie noch nie an einem einzigen Tag. Außerdem seien mehr als 100 Artilleriesalven abgegeben worden. Auf der südkoreanischen Insel Ulleung im Japanischen Meer (Ostmeer) wurde Luftalarm ausgelöst, was relativ selten vorkommt. Kurz darauf erklärte das südkoreanische Militär, es habe drei Luft-Boden-Raketen in Richtung der Stelle nahe der Seegrenze abgefeuert, an der die nordkoreanische Rakete gelandet war.

Südkoreas Militär erhöhte nach den neuen Raketentests des Nachbarlandes seine Alarmbereitschaft. Präsident Yoon warf Pjöngjang Provokation vor, die "praktisch eine Verletzung unseres Territoriums durch eine Rakete darstellt, die die Nördliche Grenzlinie NLL zum ersten Mal seit der Teilung des Landes" überquert habe. Dafür müsse Nordkorea einen Preis bezahlen.

Reaktion auf Luftwaffenmanöver

Die jüngsten nordkoreanischen Raketentests wurden in Seoul als Reaktion auf die größte Luftwaffenübung der südkoreanischen und US-amerikanischen Streitkräfte seit Jahren gesehen. An dem seit Montag laufenden Manöver sind Hunderte Kampfflugzeuge beider Staaten beteiligt. Nordkorea hatte erklärt, dass es sich bei der Militärübung um Vorbereitungen für eine mögliche Invasion handele. Pjöngjang warnte, dass beide Länder teuer bezahlen würden, falls sie den Norden angreifen sollten. Solch eine "militärische Unbesonnenheit und Provokation" könne nicht länger toleriert werden, hieß es in Pjöngjang. Wenige Stunden später erfolgte die erneuten Raketenstarts.

Die Spannungen in der Region bauen sich seit Monaten immer weiter auf. Ungeachtet internationaler Sanktionen hat Nordkorea in den vergangenen Monaten einen ganze Serie von Raketentests abgehalten. In diesem Jahr feuerte das isolierte Land bereits mehr als 50 Raketen ab - die meisten davon ballistische Raketen mit unterschiedlichen Reichweiten. Unter den heutigen Raketen waren laut Angaben Südkoreas mindestens drei ballistische Flugkörper von kurzer Reichweite. Zudem hat das Land nach Angaben der südkoreanischen und der US-Regierung technische Vorbereitungen für einen ersten Atomtest seit 2017 abgeschlossen.

UN-Resolutionen verbieten Nordkorea die Erprobung ballistischer Raketen. Diese können je nach Bauart mit einem Atomsprengkopf bestückt werden. Das autoritär geführte Land liegt wegen seines Atomwaffenprogramms schon seit Jahren mit der internationalen Gemeinschaft im Streit und ist harten Sanktionen unterworfen.

Kathrin Erdmann, Kathrin Erdmann, ARD Tokio, 02.11.2022 05:50 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR Aktuell am 02. November 2022 um 09:39 Uhr.