Rauchwolken steigen aus dem Gazastreifen auf.

Krieg in Nahost Beschuss auf Gaza - Raketenalarm in Tel Aviv

Stand: 21.12.2023 16:28 Uhr

Auch fast elf Wochen nach Beginn des Krieges zeichnet sich kein Ende der Kämpfe in Nahost ab. Israel ordnete eine Evakuierung in Chan Yunis im Süden an - und beschoss den Norden. Es gab Raketenangriffe auf Tel Aviv.

Die Kämpfe im Gazastreifen haben mit einem der stärksten israelischen Bombardements seit Beginn des Krieges erneut zugenommen. Vor allem über dem nördlichen Teil des Gebiets waren am Morgen Explosionen und schwarzer Rauch zu beobachten, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.

Israel ordnete nach Angaben der Vereinten Nationen die Räumung von rund einem Fünftel des Gebiets der Stadt Chan Yunis im Süden des Gazastreifens an. Dorthin waren nach Ausbruch des Krieges viele Menschen aus dem Norden des Küstenstreifens geflohen. In dem Gebiet lebten nach Angaben der UN vor Beginn der Kämpfe mehr als 110.000 Menschen. Außerdem befinden sich dort nach UN-Angaben 32 Notunterkünfte mit mehr als 140.000 Binnenflüchtlingen, die meisten von ihnen aus dem Norden des Gazastreifens.

Karte Gazastreifen mit den von der israelischen Armee kontrollierten Gebieten

Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen. Schraffur: Israelische Armee

Raketenalarm in Tel Aviv

Bei einem israelischen Luftangriff in Rafah wurden nach Angaben der Terrororganisation Hamas vier Menschen getötet. Darunter sei Bassam Ghaben, aus palästinensischer Seite zuständig für den Grenzübergang Kerem Schalom, so die Hamas und die ihr unterstellte Gesundheitsbehörde. Der Angriff habe nahe des Grenzübergangs stattgefunden. Die israelische Armee erklärte, man sei "mit dem Vorgang nicht vertraut".

Die Hamas beschoss Tel Aviv mit Raketen. In der Wirtschaftsmetropole heulten die Sirenen. Die israelische Flugabwehr zerstörte die Geschosse. Die Nachrichtenseite ynet berichtete, es seien rund 30 Raketen aus dem Gazastreifen abgefeuert worden. Der bewaffnete Arm der Hamas, die Kassam-Brigaden, bekannte sich zu den Angriffen. Die Kassam-Brigaden sprachen in einer Stellungnahme von einer "Reaktion auf die zionistischen Massaker an Zivilisten" im Gazastreifen.

Armee findet offenbar Tunnelsystem

Das israelische Militär teilte mit, in Gaza-Stadt ein "gewaltiges Tunnelsystem" der Hamas entdeckt zu haben. Am Mittwoch wurden israelische Reporter von Soldaten auf den Palästina-Platz im Herzen der Stadt geführt, der ihnen als Zentrum des unterirdischen Tunnel-Netzwerks beschrieben wurde. Die Tunnelräume befänden sich 20 Meter unter der Erde und verfügten über Fahrstühle, Treppen und eigene Wasser- und Stromschächte sowie Kommandoräume und Wohnungen für die Führung der Hamas, sagte Armeesprecher Peter Lerner.

Es seien Waffen, Wasservorräte und Lebensmittel für längere Aufenthalte gelagert gewesen. Den Angaben zufolge war einer der Räume eine Art Saal mit einem Durchmesser von 150 Metern. Das Militär veröffentlichte zudem Videos von Untergrund-Büros. Militärsprecher Daniel Hagari erklärte, dass Hamas-Mitglieder die weitläufige unterirdische Infrastruktur routinemäßig genutzt hätten, "bei Notfällen und auch zu Beginn des Krieges am 7. Oktober". Die Tunnel erstreckten sich über die gesamte Stadt Gaza und in große Krankenhäuser.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

WHO: Keine funktionierende Klinik mehr im Norden

Für die Zivilbevölkerung ist die Lage auch im Norden des Gazastreifens weiter dramatisch. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es dort keine funktionierenden Krankenhäuser mehr. Patienten würden nicht nur wegen mangelnder medizinischer Versorgung sterben, sagte WHO-Hilfskoordinator Sean Casey. "Sie verhungern und verdursten", berichtete er in einer Videoschalte aus Rafah. Im gesamten Gazastreifen sind laut WHO-Vertreter Richard Peeperkorn nur noch neun der 36 Gesundheitseinrichtungen teilweise im Betrieb.

Die WHO forderte erneut eine Feuerpause, um Gesundheitseinrichtungen mit lebenswichtigen Gütern zu versorgen, sowie die sofortige Verlegung von Patienten nach Ägypten.

Netanyahu: "Krieg bis zum Ende"

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu erteilte jedoch noch am Mittwoch internationalen Forderungen nach einem Waffenstillstand vorerst eine Absage. "Wir werden den Krieg bis ans Ende fortführen", betonte er in einer Videobotschaft. "Er wird weitergehen, bis die Hamas zerstört ist, bis zum Sieg. Wer denkt, dass wir aufhören, hat keinen Bezug zur Realität."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 21. Dezember 2023 um 15:00 Uhr in den Nachrichten.