
Justizreform in Israel Präsident Herzog warnt vor Verfassungskrise
Israels Ministerpräsident Netanyahu will die Macht des Obersten Gerichts beschneiden. Präsident Herzog warnt wegen der Pläne vor einer Verfassungskrise. In mehreren Städten Israels protestierten Zehntausende gegen die Pläne - und die Regierung.
Israels Präsident Isaac Herzog warnt mit Blick auf die umstrittenen Justizreformpläne der rechten Regierung von Benjamin Netanyahu vor einer Verfassungskrise. "Dieser Konflikt, der die Nation zu zerreißen" drohe, beunruhige ihn zutiefst, erklärte der Staatschef. Er arbeite daran, eine "historische Verfassungskrise" mit Hilfe einer Reihe von Treffen mit politischen Vertretern abzuwenden, teilte er mit.
Netanyahu will die Macht des Obersten Gerichts beschneiden. Die Pläne sehen vor, dem Parlament die Befugnis zu geben, Gerichtsentscheidungen mit einfacher Mehrheit aufzuheben. Außerdem soll das Parlament die Kontrolle über die Ernennung von Richtern erhalten.
Mit der Reform könnte sich Netanyahu allerdings auch selbst helfen, wie Kritiker erklärten. Möglicherweise könne er einer Verurteilung wegen Korruption entgehen oder das Verfahren gegen ihn werde ganz eingestellt. Seit der Anklageerhebung im Jahr 2019 hat Netanyahu immer wieder geäußert, das Justizsystem sei ihm gegenüber voreingenommen.
Die Reformpläne lösten scharfe Kritik der Vorsitzenden des Obersten Gerichts in Israel aus, die vor einem "ungezügelten Angriff auf das Justizsystem" warnte. Auch die Generalstaatsanwältin sprach sich gegen den Plan aus, ebenso wie viele ihrer Vorgänger.
Bisher größter Protest gegen neue Regierung
Am Samstagabend protestierten Zehntausende gegen die Pläne und gegen die Regierung selbst. Demonstriert wurde etwa in den Städten Haifa und Jerusalem - vor allem aber in Tel Aviv. Dort beteiligten sich nach israelischen Medienberichten, die sich auf die Polizei bezogen, etwa 80.000 Menschen. Es war die bisher größte Demonstration gegen die neue Regierung, die Ende Dezember vereidigt worden war.
Netanyahu zeigte sich von den Protesten unbeeindruckt, ebenso von der Kritik aus den eigenen Reihen. Während einer Sitzung des Kabinetts sagte er, die Wählerinnen und Wähler hätten sein Vorhaben bei der Parlamentswahl im November unterstützt.
Die Reform werde korrigieren, was korrigiert werden müsse. Die Rechte des Einzelnen würden vollständig geschützt und das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Justizsystem wiederhergestellt. Die Reform werde dringend benötigt, sagte Netanyahu.