Proteste in den Straßen von Theran im Iran | AP

Gewalt gegen Demonstranten im Iran Schüsse, Schläge, Tränengas

Stand: 11.10.2022 15:19 Uhr

Die Proteste nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini weiten sich aus, etwa auf die wichtige Ölindustrie des Landes. Auch die Berichte über Gewalt durch die Sicherheitskräfte halten an, vor allem in der kurdischen Region.

Im Iran ist das harte Vorgehen gegen Protestierende in kurdischen Gebieten des Landes nach Angaben von Aktivisten weiter verschärft worden. Die Polizei gab Schüsse in mindestens einem Viertel von Sanandadsch ab, der Hauptstadt der Provinz Kurdistan.

Ein Video, das von der kurdischen Organisation Hengaw veröffentlicht wurde, zeigte dunkle Straßen in Sanandadsch, etwa 400 Kilometer westlich von Teheran, während Schüsse zu hören waren. In weiteren Aufnahmen waren Polizisten mit Schusswaffen zu sehen, die durch die Straßen gingen und anscheinend auf Häuser schossen.

Videos trotz fehlendem Internet

Immer wieder tauchen Videos der Demonstrationen aus der Hauptstadt Teheran und anderen Städten in den sozialen Medien auf, obwohl die Behörden das Internet blockiert haben. Videos vom Montag zeigten demonstrierende Studenten und Schüler. Wieder zogen Frauen und Mädchen ohne das vorgeschriebene Kopftuch durch die Straßen.

Ein anderes Video zeigte mutmaßlich ein großes Einschussloch im Haus eines Einwohners der Stadt. Hengaw erklärte, es stamme von einem schweren Maschinengewehr, wie es oft auf gepanzerte Fahrzeuge montiert werde. Ein weiteres Video sollte Sicherheitskräfte zeigen, die bei einer Festnahme in die Luft schossen.

Iranische Behörden reagieren aggressiv

Das in New York ansässige Zentrum für Menschenrechte im Iran veröffentlichte zudem ein Video, das eine Phalanx von Sicherheitskräften auf Motorrädern zeigte, die durch Sanandadsch fuhren. "Berichten zufolge schlugen sie die Scheiben von Hunderten Autos im Stadtteil Baharan ein", erklärte das Zentrum.

Die iranischen Behörden bestätigten den Einsatz in Sanandadsch nicht. Das iranische Außenministerium bestellte den britischen Botschafter ein, weil die britische Regierung Mitglieder der Sittenpolizei und Sicherheitsbeamte des Landes wegen des Umgangs mit den Protesten mit Sanktionen belegte. Das iranische Außenministerium bezeichnete die Sanktionen als willkürlich und unbegründet und drohte mit Gegenmaßnahmen.

Amnesty International kritisiert Gewalt

Amnesty International kritisierte die iranischen Sicherheitskräfte für den wahllosen Einsatz von Schusswaffen und Tränengas. Die Menschenrechtsorganisation forderte die Welt auf, Druck auf den Iran auszuüben, damit die Behörden ihr Vorgehen gegen die Demonstranten beendeten.

Auch der nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, erklärte, die Welt schaue darauf, was im Iran passiere. "Diese Protestierenden sind iranische Bürger, angeführt von Frauen und Mädchen, die Würde und Grundrechte fordern", schrieb er bei Twitter. "Wir stehen ihnen bei und wir werden diejenigen zur Verantwortung ziehen, die Gewalt anwenden, um ihre Stimmen zum Schweigen zu bringen."

Proteste auch in der Ölindustrie

Die Proteste ebben seit vier Wochen nicht ab, sondern werden im Gegenteil immer größer. Sie entzündeten sich am Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini nach ihrer Festnahme durch die Moralpolizei. In der Region Kurdistan begannen die Demonstrationen am 17. September bei Aminis Beerdigung.

Zudem schlossen sich am Montag Arbeiter zweier wichtiger Ölraffinerie-Komplexe den Protesten an - womit zum ersten Mal eine Verbindung einer Schlüsselindustrie für die iranische Theokratie zu den Unruhen sichtbar wurde. In der wichtigen Ölstadt Abadan in der Provinz Chusistan gingen am Dienstag weitere Arbeiter auf die Straßen, wieder andere riefen außerdem zu Protesten am Mittwoch auf.

Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 11. Oktober 2022 um 22:15 Uhr.