Menschen im Iran laufen eine Straße entlang.

Iran Härtere Strafen für Frauen ohne Kopftuch

Stand: 30.07.2023 11:12 Uhr

Noch widersetzen sich zahlreiche Frauen in iranischen Städten der Kopftuchpflicht. Doch ein Gesetzentwurf des Mullah-Regimes wurde nun noch einmal verschärft und sieht drakonische Strafen vor.

Im Iran ist eine umstrittene Strafreform der Kopftuchpflicht kurz vor der Abstimmung im Parlament noch einmal drastisch verschärft worden. Nach einer Anpassung durch den parlamentarischen Rechtsausschuss umfasst der Gesetzentwurf nun 70 Artikel, wie die Zeitung "Shargh" berichtet. Der Entwurf soll in den kommenden zwei Monaten im Parlament abgestimmt werden.

Die Strafreform ist eine Antwort der klerikalen und politischen Führung auf die von Frauen angeführten Proteste gegen die Islamische Republik im Herbst 2022. Während im Land vor allem wieder Alltag eingekehrt ist, widersetzen sich zahlreiche Frauen in den Metropolen demonstrativ gegen die Kopftuchpflicht. Hardliner fordern seit Monaten ein härteres Vorgehen gegen die zahlreichen Verstöße.

Bis zu 15 Jahre Haft möglich

In seiner bisherigen Form hat der Gesetzentwurf breite Kritik sowohl von Hardlinern und Reformpolitikern ausgelöst. Die weiter verschärfte Reform sieht harte Strafen bei Missachtung der islamischen Kleidungsregeln vor. Diese umfassen bei mehrfachen Verstößen etwa Geldbußen von umgerechnet rund 950 Euro, dies entspricht mehr als dem monatlichen Durchschnittsgehalt. In Extremfällen können sogar bis zu 15 Jahre Haft und umgerechnet mehr als 5.000 Euro Strafe verhängt werden.

Die Kopftuchpflicht ist seit mehr als 40 Jahren Gesetz in dem Land mit fast 90 Millionen Einwohnern und gilt als eine der ideologischen Grundsäulen. Als Beispiele "schlechter Kleidung" nennt das Gesetz für Frauen etwa kurzärmlige Hemden oder zerrissene Jeans, bei Männern Hosen mit kurzer Schrittlänge oder Tanktops.

Verstöße können einfacher gemeldet werden

Das Gesetz verpflichtet mit detaillierten Anweisungen die Ministerien und Sicherheitsdienste mit Aufgaben zur Vollstreckung der islamischen Kleidungsregeln. Bürger und Polizisten sollen Verstöße einfach melden können. Bei Verstößen am Arbeitsplatz droht der Ausschluss von amtlichen Leistungen.

Die Veröffentlichung von Fotos ohne Kopftuch im Netz wird unter Strafe gestellt. Auch Ausreisesperren sind als mögliche Strafen vorgesehen. Die Justiz droht Einkaufspassagen, Restaurants oder Museen bei Verstößen in ihren Einrichtungen mit Schließungen. Bei Beleidigung von verschleierten Frauen können sechs Monate Haft und 74 Peitschenhiebe verhängt werden.

Prominente im Fokus der Sittenwächter

Besonders hart sollen Prominente bei Verstößen bestraft werden. Bereits während der Protestwelle im Herbst hatten sich zahlreiche Filmschaffende mit der Frauenbewegung solidarisiert. Hier sieht der Entwurf bei mehrfachen Verstößen Berufsverbote von bis zu 15 Jahren vor. Die Justiz soll ein Zehntel des Vermögens beschlagnahmen können. Ausländerinnen können bei Verstößen des Landes verwiesen werden.

Die Protestwelle im Herbst konfrontierte die Staatsführung mit der Wut einer jungen Generation. Auslöser war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sittenwächter hatten die junge Frau wegen eines angeblich schlecht sitzenden Kopftuchs festgenommen. Die damals 22-Jährige starb kurz darauf in Polizeigewahrsam.

Die Teheraner Polizei behauptete damals, Amini habe medizinische Probleme gehabt und sei im Krankenhaus behandelt worden. Die Zweifel an dieser Version führten zu den landesweiten Protesten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 30. Juli 2023 um 11:00 Uhr.